Einmal selbst auf der Bühne stehen – Tag der offenen Tür im Reutlinger Naturtheater

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Satter Zuspruch beim Tag der offenen Tür im Reutlinger Naturtheater, trotz anfänglichen Regens – Gang hinter die Kulissen

Als es am gestrigen Sonntagvormittag noch regnete, verbreitete Rainer Kurze Optimismus: „Woanders schüttet’s noch viel mehr.“ Und da hatte der Vereinsvorsitzende des Naturtheaters Reutlingen natürlich recht, denn: Während zahlreiche Kommunen in Süddeutschland mit Überflutungen zu kämpfen hatten, konnten sich die Besucher des Tags der offenen Tür im Reutlinger Open-Air-Theater einen schönen Tag machen – mit viel Unterhaltung, mit zahlreichen Informationen, gutem Essen und einem speziellen Blick hinter die Kulissen.

Viele hundert Interessierte ließen sich dieses Angebot nicht nehmen: Schon bei der ersten Aufführung von Szenen aus dem neuen Kinderstück der Wasenwald-Festspiele war die Halle nahezu voll besetzt. Das Stück „Hurra, die Olchis kommen“ wird vorhersehbar also ein Renner sein – das bestätigen auch die Vorverkaufszahlen: „60 Prozent aller Karten für die Olchis sind schon verkauft“, verriet Kurze. Insgesamt laufe der Vorverkauf gut: Mehr als 15.000 Karten seien bereits vergriffen, das heißt: Auch das Erwachsenenstück „Sister Act“, als erneute Aufführung aus dem Vorjahr, wird wohl wieder ein Kassenschlager.

Auch aus diesem Stück wurden am gestrigen Offenen-Tür-Tag im Naturtheater mehrfach Szenen aufgeführt. Extrem gut nachgefragt waren zudem die Führungen hinter die Kulissen des Theaters: Wer wollte nicht mal selbst auf der Bühne stehen und dieses Gefühl erleben, vor den 1003 Zuschauersitzen zu stehen? Wie sich das in Realität anfühlt, verriet Claudia Schickler. Sie ist die Hauptperson im Abendstück und führte gestern hinter die Kulissen: „Das Lampenfieber ist jedes Mal wieder groß.“

Beim Gang hinter die Bühne berichtete „Dolores“ alias Schickler, dass es dort bei den Aufführungen ganz schön chaotisch aussehe. Schließlich müssten alle Requisiten, alle Kleidungsstücke sofort greifbar parat liegen. Und wehe, eine Person aus der Schauspielerschar greife zum falschen Stück. Den Schluss des Satzes ließ „Dolores“ jedoch in der Luft hängen. Gleiches tat sie aber nicht mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Führung: Claudia Schickler führte die riesige Gruppe auch durch

die Requisite, zeigte auf einen Fundus von mehreren tausend Dingen, die bei Aufführungen gebraucht werden könnten.

Weiter ging’s in die Technik, wo die Verantwortlichen für Sound und Licht bei den Vorstellungen jeweils für den richtigen Ton und die Lightshow sorgen. Ohne diesen Job würde so manche Aufführung tatsächlich ins Wasser fallen. Genauso, wenn eine der Top-Bühnen-Akteure krankheitsbedingt ausfallen würde: „Dann muss tatsächlich auch mal eine Vorstellung abgesagt werden“, so Schickler. Wirklich vorgekommen sei das aber bislang so gut wie nie.

Zahlreiche andere Attraktionen waren am gestrigen Sonntag im Naturtheater möglich – vom Kinderschminken über das Basteln von Olchi-Ohren bis zu einer Fotobox, bei der sich Interessierte zusammen mit dem Ober-Olchi und dem Olchi-Autor, Erhard Dietl, ablichten lassen konnten. Dietl gab im Übrigen auch Autogramme und hatte auf der Bühne verraten, dass der erste Olchi-Band schon 1986 erschienen ist. Bis zum heutigen Tag seien die grünen Männchen und Frauchen allerdings noch nie auf einer Theaterbühne inszeniert worden, so Kurze.

Und eigentlich seien die Olchis auch gar nicht geeignet für 50 Personen – so viele Schauspieler werden in Reutlingen auf der Bühne stehen. Wie es dazu kam? Regisseur Irfan Kars hatte mit Erhard Dietl vereinbart, dass der Autor das Stück ändert – anstatt von vier bis acht Personen können nun mehr als vier Dutzend mitspielen.

Und das Millionenprojekt des Naturtheaters, der Neubau des Vereinsheims? Wie steht es um den? „Gut“, sagte Kurze. „Wir warten nur noch auf die schriftliche Zusage der Zuschüsse vom Bund, dann können wir loslegen.“ Es sei ja schon außerordentlich, dass das Naturtheater überhaupt an den Fördertopf „Kultur Invest“ vorgerückt sei – insgesamt maximal 3,35 Millionen Euro könnten dabei für die Reutlinger Wasenwald-Akteure als Zuschuss herausspringen. Es könnte auch etwas weniger werden, aber Sorgen, dass die „Schuldenbremse“ der Bundesregierung einen Strich durch die Reutlinger Rechnung machen könnte, hat Rainer Kurze nicht.

„Die Gelder in Höhe von 300 Millionen für 66 Projekte sind zugesagt worden und stehen bereit.“ Wenn alles gut laufe, komme im Sommer 2024 die schriftliche Zusage vom Bund, im Winter könne dann das alte Gebäude abgerissen werden. „2025 und 2026 hätten wir hier dann Baustelle“, so Kurze. Aber: „Das Programm läuft dann trotzdem“, vertrieb der Vereinsvorstand mögliche Befürchtungen.

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