Ein klein wenig die Welt verändern – Reutlinger Spendenparlament verteilt mehr als 20.000 Euro

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Reutlinger Spendenparlament verteilt bei der Frühjahrssitzung Gelder an insgesamt neun Projekte von der Unterstützung psychisch-kranker Menschen bis zu einem Bienenlehrpfad für ein Pflegeheim

Eine Frau aus Gambia, die aber in Libyen lebte, war aufgrund des Bürgerkriegs 2011 über das Mittelmeer nach Italien geflohen. Das berichtete Traugott Huppenbauer am Freitagabend bei der 49. Sitzung des Reutlinger Spendenparlaments. „In Italien erlitt die Frau sexuelle Gewalt, sie floh in ihrer Not weiter nach Deutschland“, so Huppenbauer als Aktiver des AK Flüchtlinge. Die Gambierin wollte hier einen Asylantrag stellen, „hätte aber eigentlich nach Italien zurückmüssen“.

Aber: Die Frau erhielt Kirchenasyl auf der Schwäbischen Alb – so lange, bis die Frist zur Rückführung nach Italien abgelaufen war. Dann stellte sie einen Asylantrag. „Ohne professionelle Beratung wäre all das nicht möglich gewesen“, betonte Traugott Huppenbauer. Die Frau begann eine Ausbildung und lebt heute dauerhaft hier, arbeitet in der Altenpflege – in einem Beruf, der massiv unter Fachkräftemangel leidet.

Die Geschichten und Schicksale von Flüchtlingen seien aber nie die gleichen, betonte der AK-Aktive. Die juristischen Probleme, die sich jeweils daraus ergeben, seien immer sehr spezifisch. „Wir sind als Ehrenamtliche auf professionelle Beratung angewiesen“, betonte Huppenbauer. Rechtsanwalt Manfred Widmann berate den AK Flüchtlinge und die Geflüchteten seit Jahrzehnten. „Er ist immer zur Stelle – aber das hat auch seinen Preis.“

Zustimmung signalisierten die Parlamentarierinnen und Parlamentarier auch zu der Unterstützung der anwaltlichen Beratung von Geflüchteten.

Der AK erhalte für die anwaltliche Beratung bereits Zuschüsse – aber das reiche nicht. Am vergangenen Freitagabend wurde den Flüchtlings-Unterstützern ein zusätzlicher Betrag vom Reutlinger Spendenparlament bewilligt. Einen weiteren Teil der Arbeit des AK verdeutlichte Asyl-Diakonin Anna Sonnemann am Freitagabend in einem Bericht über ein Projekt, das bereits im Jahr 2022 gefördert wurde.

Dabei wurde um Unterstützung für eine traumapädagogische Gruppenarbeit für afghanische Kinder gebeten. Im Herbst 2021 kamen sie mit ihren Familien nach Deutschland. Das Projekt von Elisabeth Kurz gebe es noch heute, so Sonnemann. Der Bedarf der Trauma-Begleitung unter den geflüchteten Menschen sei aber noch viel größer, es brauche mehr Personal und Räume. Das hob auch Günter Klinger aus dem Präsidium des Spendenparlaments hervor: „Das ist ein tolles Projekt, es muss überlegt werden, wie es weitergehen kann, denn – es ist trotz alledem ein Tropfen auf den heißen Stein.“

Außer dem Projekt des AK Flüchtlinge wurden noch insgesamt acht weitere Anträge bei diesem besonderen Parlament für die Frühlingssitzung bewilligt (mit einem Betrag von insgesamt mehr als 20.000 Euro): Darunter etwa der Ortsjugendring Eningen, der Gelder für die Erneuerung ihrer Freiluftbühne braucht. Ebenfalls aus Eningen kam die Kultur-Initiative, die Kindern aus finanziell weniger gut gestellten Familien den Zugang zu Kindertheater ermöglichen will.

Gerald Ettwein (vorne rechts) und Michael Löcke (vorne links) erläuterten am Freitagabend ihr Eninger Projekt, wie sie Kinder an Kindertheater heranführen wollen.

Zwei Projekte von den gemeindepsychiatrischen Hilfen wurden unterstützt, damit sie mit chronisch-psychisch erkrankten Erwachsenen wie auch mit Kindern und ihren erkrankten Eltern kleinere Freizeitaktivitäten oder auch einen gemeinsamen Urlaub im geschützten Rahmen erleben können. Der CSD, der Reutlinger Christopher Street Day, wurde ebenfalls unterstützt, um Aufklärungsarbeit und Veranstaltungen in der Region besser durchführen zu können. Dazu brauchen die Aktiven einen akkubetriebenen Lautsprecher und ein Mikrofon.

Die Matthäus-Beger-Schule erhielt Geld, um ihre neu angelegte Bibliothek mit modernen, kindgerechten Büchern ausstatten zu können. Und die Altenhilfe der Bruderhaus-Diakonie erfuhr finanzielle Unterstützung, um zu dem bereits bestehenden Bienenstock einen Bienenlehrpfad mit zwölf Tafeln zu erstellen. Die Wilhelm-Maybach-Schule ist in das Projekt eingebunden.

Die Bienen seien bereits in fünf Einrichtungen ein Erfolgsmodell – weil gerade demenziell-erkrankte Menschen Gefallen am Leben und Tun der Bienen finden. Zu all den Projekten hatte Vereinsvorsitzende Christiane Koester-Wagner zu Beginn der Sitzung ein afrikanisches Sprichwort zitiert: „Viele kleine Leute an vielen kleinen Orten, die viele kleine Dinge tun, können das Gesicht der Welt verändern.“

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