Garstiges Wetter, großartige Farben- und Blütenpracht beim Gönninger Tulpensonntag

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Gönningen beging am Sonntag das 20jährige Bestehen der Wiederbelebung der mehr als 200 Jahre alten Tulpenblüte bei Schnee und eisigen Temperaturen

Schon 1992 hatte Bezirksbürgermeister Paul Ackermann die Bürgerinnen und Bürger von Gönningen aufgerufen, die Gräber ihrer Anverwandten auf dem örtlichen Friedhof mit Tulpen zu schmücken. Christel Pahl erinnerte am gestrigen Sonntag als Ackermanns Nachfolgerin im Amt mit ihrem Grußwort zum Start der diesjährigen Tulpenblüte an dieses Jahr.

„Anfang April war es nun ja schon so warm, dass wir befürchtet hatten, bis heute könnte alles verblüht sein“, berichtete Pahl gestern in der Gönninger St.-Peter-und-Paul-Kirche. Dorthin war die offizielle Eröffnung der Tulpenblüte verlegt worden, weil es nach den Worten der Bezirksbürgermeisterin im Freien am Tulpenbrunnen „zu unwirtlich“ war. Wohl wahr, Temperaturen knapp über null Grad plus Schnee – das Wetter präsentierte sich am gestrigen Sonntag wirklich nicht von seiner schönsten und einladenden Seite. Aber: Die Tulpen ließen sich nicht beeindrucken und offenbarten ihre volle Pracht, nur wenige waren bereits verblüht.

Die unglaubliche Blüten- und Farbenvielfalt wurde durch den Kontrast mit dem Schnee noch weiter herausgehoben. Und das nicht nur auf dem Gönninger Friedhof und auf den Feldern des Samenhandels Fetzer sondern auch verteilt über den ganzen Ort. Die Tulpenblüte präsentierte sich also als noch größere Augenweide, als es sonst schon der Fall ist. Seit 2004 wurde die mehr als 200jährige Tradition der Gönninger Tulpenblüte wieder aufgenommen. Seitdem locken jedes Jahr die blühenden Blumen Tausende von Besucherinnen und Besuchern in die Gemeinde. „Wir sind zur Tulpenhauptstadt Deutschlands geworden“, so Christel Pahl

„Gönningen ist ein Ausnahmeort“, schlussfolgerte denn auch Thomas Keck. Reutlingens Oberbürgermeister erinnerte in seinem Grußwort an jene Zeiten, als die Hälfte der Gönninger Einwohner auf Wanderschaft war, um Samen zu verkaufen. Weit herumgekommen seien sie dabei, „es gab Niederlassungen in ganz Europa, in den Vereinigten Staaten und sogar in Russland“, so Keck. Der Ort sei dabei zu ansehnlichem Wohlstand gekommen, viele stattliche Häuser erinnern heute noch an diese Zeiten.

„Alle Jahre wieder fasziniert die Tulpenblüte in dieser besonderen Zeit“, sagte Reutlingens OB. Nachdem Heinz Gerstlauer Keck zum Dank für sein Grußwort einen Tulpenstrauß überreicht hatte, sagte der Vorsitzende des Vereins Tulpenblüte: „Wenn Sie morgen den Strauß mit ins Büro nehmen, sagen Sie Ihrer Sekretärin: Die Blumen sind aus Gönningen, dort blüht das Leben, im Gegensatz zur Reutlinger Innenstadt.“

14 000 Tulpenzwiebeln sind laut Keck in der gesamten Gemeinde gepflanzt worden, Vereine, Bürgerinnen, Schüler der Klassen 4a und 4b der Roßbergschule – viele hatten auch vergangenes Jahr im Herbst erneut mitgeholfen, um den Ort erblühen zu lassen. Die Schülerinnen und Schüler wurden gestern in der Kirche als Teilnehmer am Jes-Projekt (Jugend engagiert sich) mit einer Urkunde ausgezeichnet.

Beim anschließenden Gang durch den Ort fiel auf, dass auf dem Kunsthandwerkermarkt weniger Stände anwesend waren, als gewohnt. Der Grund? „Fast die Hälfte der Aussteller hat wohl abgesagt“, sagte Christel Pahl am Rande des Rundgangs. „Aber wir machen das Beste draus“, sagte die Bezirksbürgermeisterin und deutete auf die Blütenpracht, die überall im Ort zu sehen und zu bestaunen war. Außerdem war ja noch einiges mehr geboten: Orgelkonzerte in der Kirche lockten, eine Ausstellung Gönninger Künstler und auch das Samenmuseum im Rathaus waren Anziehungspunkte.

Wichtig sei laut Gerstlauer aber nicht allein die Schönheit der Blumen sowie die Attraktionen am Tulpensonntag jedes Jahr: „Wie wir alle wissen, ist die Erinnerungskultur von großer Bedeutung.“ Das gelte auch für Gönningen: Um die Tradition des Samenhandels beizubehalten, „sollten alle diesen Wissensschatz an die Kinder, Nachbarn und alle anderen in Gönningen weitergeben“, betonte Heinz Gerstlauer.

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