Mehr als 600 Geflüchtete bei Jobbörse im Reutlinger Matthäus-Alber-Haus

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Match-Day im Reutlinger Matthäus-Alber-Haus führte Geflüchtete und 25 Unternehmen zusammen – Beste Stimmung unter den anwesenden Firmen und Jobsuchenden

Um die 400 Geflüchtete standen am vergangenen Dienstagnachmittag im großen Saal des Matthäus-Alber-Hauses dicht gedrängt und lauschten den Ausführungen von Landrat Ulrich Fiedler sowie Reutlingens Finanzbürgermeister Roland Wintzen. Gleichzeitig warteten vor dem Gebäude noch mehr als 200 Menschen. „Das verdeutlicht doch enorm, dass die Menschen arbeiten wollen“, resümierte Fiedler am Rande der besonderen ersten Reutlinger Jobmesse für Flüchtlinge.

Matchday, also solch eine Arbeitsvermittlungsmesse, ist nach den Worten von Stefan Rechthaler besonders wichtig und erfolgreich, weil Angebot und Nachfrage auf beiden Seiten groß sei – also sowohl bei den Unternehmen, die dringend Arbeitskräfte benötigen, wie auch bei den Geflüchteten, die Jobs suchen, so der Jobmentor vom Landratsamt.

Bei der Jobmesse unter dem Titel „Matchday“ kamen mehr als 600 Geflüchtete und 25 Unternehmen aus der Region zusammen.

Ein Beispiel? Hanna Jerschova stammt aus der Ukraine ist vor zwei Jahren vor dem Krieg in ihrer Heimat geflohen, sie sucht eine Arbeit. Ihre Deutschkenntnisse sind noch ausbaufähig, gefunden hat sie am Dienstag Interessantes bei Garten Moser, „ich arbeite gerne im Garten“, sagte sie. Oder sie kann auch sehr gut backen und hat Informationsmaterial von einer Bäckerei mitgenommen. Ob Hanna Jerschova einen Beruf in der Ukraine gelernt hat? „Ja, ich bin Bau-Ingenieurin.“

Auf Unternehmerseite zeigten sich Jenny Winter-Stojanovic und Markus Winter von Fahrrad Sauer hellauf begeistert: „Wir haben Monteure und Azubis auf einer Internet-Plattform gesucht, ich bin sogar nach Dresden und Leipzig gefahren – ohne jeden Erfolg“, berichtete Winter-Stojanovic. Am Dienstag hingegen kamen Interessierte zuhauf, zahlreiche Email-Adressen wurden ausgetauscht. „Die Menschen hier sind unglaublich motiviert, das fühlt sich nach Aufbruch an und macht doch richtig Lust auf Zukunft“, berichtete das Paar.

Insgesamt 25 Firmen und Unternehmen waren vor Ort, aus der Altenpflege etwa, Paketzusteller, dem Baubereich und sogar eine Fahrschule war auf der Suche nach Arbeitskräften. „Und auch wir vom Landratsamt benötigen gute, engagierte Arbeitskräfte“, betonte Fiedler. Bei der dritten Jobmesse dieser Art seien zum ersten Mal auch die Ausländerbehörden von Stadt und Landkreis dabei.

„Uns ist klar, dass wir hier heute nicht die Hauptattraktion sind“, sagte Robin Lohmiller von der Stadt schmunzelnd. Aber: Wenn Fragen zum Aufenthaltsstatus auftauchten, dann war er genauso ansprechbar wie auch die Kolleginnen vom Landkreis. Anouk Rein und Hanna Gönninger hatten Formulare parat, um die Genehmigung der Ausländerbehörde für ein Praktikum auf kürzestem Weg zu erledigen.

Klaus Eberhardt war als Unternehmer mit seinem Dachdecker-Betrieb aus Lichtenstein „positiv überrascht“ von dem riesigen Andrang im Alber-Haus. „Wir müssen den Menschen hier eine Zukunft bieten“, betonte er. Positiv bewertete auch Finanzbürgermeister Roland Wintzen die große Zahl der Geflüchteten bei der Jobmesse: „Sie kämpfen darum, dass Sie Teil der Gesellschaft werden und Ihr Leben hier selbst finanzieren können.“ Dass die Jobsuchenden gut vorbereitet waren und gleich ihre Bewerbungsunterlagen mitgebracht hatten, freute Winter-Stojanovic wie auch die anderen Unternehmen.

Nach den Worten von Landrat Ulrich Fiedler und Reutlingens Finanzbürgermeister Roland Wintzen zeigt das riesige Interesse an der Jobbörse, dass Flüchtlinge eindeutig arbeiten wollen.

Schon bei den Vorgänger-Jobmessen in Dettingen und Eningen im vergangenen Jahr seien sehr viele Jobsuchende gekommen. Die Quote von mehr als 70 abgeschlossenen Arbeitsverträgen nach der Messe in Dettingen werde am Dienstag mit Sicherheit getoppt, sagte Fiedler. „Wichtig ist, Sie bleiben dran, lassen sich nicht entmutigen, manchmal dauert es in Deutschland etwas länger und ist mit vielen Unterschriften und Papierkram verbunden“, sprach der Landrat die Geflüchteten direkt an. „Aber es lohnt sich, diese Hürde zu nehmen.“

Markus Dick zeigte sich als Geschäftsführer des Jobcenters ebenfalls überzeugt von dem Modell des Matchdays: „Es ist wichtig, die Menschen auch mit nicht perfekten Deutschkenntnissen in Jobs zu integrieren – denn da können Spracherwerb und Beschäftigung kombiniert werden.“ Sven Jäger, der beim Landratsamt für die Koordination der Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen zuständig ist, verwies auf die Schwierigkeiten der Kontaktaufnahme zwischen Geflüchteten und den Unternehmen fernab von solchen Jobmessen: „Mit geringen Deutschkenntnissen ist selbst ein Anruf bei einer Firma alles andere als einfach.“

Beim Matchday waren neun Dolmetscher in den unterschiedlichsten Sprachen vor Ort – und sie übersetzten quasi im Akkord. Andreas Kohfink vom Integrationsmanagement der Stadt betonte: „Es ist unsere Aufgabe, die Menschen in allen Lebenslagen zu unterstützen – und dazu gehört die Arbeitserlaubnis ebenso dazu wie die Vermittlung in den Arbeitsmarkt.“

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