Giganten, die von innen heraus faulen – Waldumgang im Gomaringer Forst

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Gomaringer Waldumgang mit Förster, Forsteinrichter und rund 40 Interessierten mit Blick auf die Besonderheiten sowie auf mögliche Stilllegungsflächen

 Hänge rauf und runter, quer durch den Gomaringer Wald, größtenteils ohne Wege, an wahren Giganten des Forsts vorbei, in Regionen, in denen – unvorstellbar – vor einigen Jahrhunderten keine Bäume, sondern Wein oder Zwiebeln wuchsen. Das war der Gomaringer Waldumgang am vergangenen Freitag, dem sich mehr als 40 Interessierte angeschlossen hatten, um mehr über den Forst der Gemeinde zu erfahren.

Förster Reinhold Gerster und Forsteinrichter Andreas Kaphegyi versorgten die Mitglieder des Gemeinderats und alle anderen Teilnehmer mit jeder Menge an Informationen „bei dieser schönsten Sitzung des Gremiums“, wie Bürgermeister Steffen Heß betont hatte. Bei dieser „Sitzung“ ging es auch um drei von insgesamt sechs künftigen „Waldrefugien“ – also Stilllegungsflächen, die „für immer aus der Bewirtschaftung genommen werden“, so Kaphegyi. In diesen Refugien könne sich der Wald dann ohne jegliche Eingriffe von Menschenhand entwickeln, mit Totholz, mit Nahrung und Rückzugsräumen für Insekten, Vögel, Kleingetier jeglicher Art. „Dadurch, dass es in den Waldrefugien deutlich mehr Arten gibt, bedeutet das mehr Resilienz für den Wald drumherum“, so Gerster.

Weil aber die Gemeinde dann auch nicht mehr das Holz aus diesen Bereichen herausholen darf, gibt es zumindest Ökopunkte für die Stilllegung der Flächen – die bei künftigen Baumaßnahmen als Ausgleich verwendet werden können. Insgesamt 12,9 Hektar von der 290 Hektar umfassenden Gomaringer Waldfläche sollen derart stillgelegt werden – der Gemeinderat stimmte in der an den Waldumgang anschließenden Sitzung diesem Vorhaben zu.

Gleiches galt auch für den Plan von Kaphegyi, in den kommenden zehn Jahren „nur“ rund 13 000 Festmeter Holz aus dem Wald zu holen. In der vergangenen Dekade „waren es 18 000 Festmeter, der hohe Wert kam allerdings auch durch Sturmholz und durch das Eschensterben zustande“, sagte der Forsteinrichter aus dem Regierungspräsidium Freiburg. Die letzte Forsteinrichtung hatte ebenfalls Kapeghyi zusammen mit Reinhold Gerster entwickelt – allerdings jeweils im Zusammenspiel mit dem Gemeinderat, denn: „Das ist Ihr Wald, Sie bestimmen, was mit ihm geschehen soll“, hatte der Förster betont.

Gleichzeitig berichteten Gerster und Kaphegyi zusammen mit Verena Strasdeit als stellvertretende Leiterin des Forstamts beim Landratsamt Tübingen über jede Menge Wissenswertes und auch Unbekanntes im Gomaringer Wald. Doch zunächst forderte Reinhold Gerster die Umgangsteilnehmer erstmal auf: „Machen Sie die Augen zu, hören Sie, riechen Sie.“ Alle taten wie geheißen – und hörten Vogelgezwitscher, Bachplätschern, sie nahmen den Geruch des Waldes in sich auf. „Ist das nicht herrlich“, stellte Gerster eine wohl rein rhetorische Frage.

Beim Ausmessen der Bäume im „Gigantenwald“ staunten die Waldbesucher nicht schlecht, 134 Zentimeter Umfang zeigte das Maßband an. Die betreffende Eiche sei wohl um die 250 Jahre alt, schätzte Gerster. Aber: Der Baum faule wohl schon von innen heraus – könne aber lockerleicht noch ein paar hundert Jahre älter werden. Wie der Förster mit diesem sehr alten Bestand umgehen soll? „Stehenlassen“, lautete die eindeutige Antwort der Ratsmitglieder. Der Gomaringer Wald sei im Übrigen dominiert von Eichen, die auf dem „schweren, fetten, tonigen Boden gut gedeihen“, so Kaphagyi. Was aber nicht bedeute, dass sich keine anderen Bäume dort finden. „Wir haben hier ein buntes Potpourri an Baumarten“, so Gerster. Aber eben vor allem Eichen, Buchen, dazu Kiefern.

Apropos Kiefern: Sein „Leid“ klagte Reinhold Gerster kurz vor Abschluss der Waldtour, dicke geerntete Stämme säumten den Weg. „Hier liegen aber noch rund 20 Prozent des Einschlags im Wald.“ Frost habe es diesen Winter fast gar keinen gegeben, Wald und Wege würden beim Rausholen entsprechend geschädigt. Jetzt sei der Boden sehr tief und matschig, die Kunden würden das Kiefernholz aber nur bis zum 15. April abnehmen. Weil danach das Holz eine Färbung annimmt, das den Wert deutlich mindere.

Ein Dilemma. „Was soll ich tun“, fragte Gerster den Gemeinderat. „Rausholen“, lautete die Antwort. Die Schäden im Wald durch die Holzernte müssten eh wieder beseitigt werden. „Das gibt mir Schwung, wenn der Gemeinderat sagt, was in seinem Wald geschehen soll“, betonte der Förster daraufhin. Bürgermeister Heß bedankte sich bei der großen Waldumgangsteilnehmerschar – „es spricht sich einfach rum, dass die Waldumgänge unseres Försters hochinteressant sind“, so Heß.

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