Wir hatten gehört, dass es im Schloss Lichtenstein einen Prinzen geben soll.
Also machten wir uns von Honau aus auf die Suche, wir waren uns aber noch nicht
ganz einig, ob wir den Wasserweg nehmen oder uns zunächst mal in
einer netten Ferienwohnung einmieten sollten.
Stattdessen folgten wir dem stinkenden Nieswurz oder hieß der niesender Stinkwurz? Egal.
Wir kamen zum Honauer Bahnhof, sollten wir den Zug nehmen?
Währenddessen dachte Bine: Dieser Geisbock könnte auch mal wieder zum Friseur.
Sie richtete ihr Krönchen und ließ sich
dann begutachten: Der Bock hatte nichts zu meckern –
auch, wenn das so aussah. Doch wir waren ja auf der Suche nach dem Prinzen vom Lichtenstein und fragten nach dem Weg.
„Ihr habt ja wohl eine Meise“, krächzte dieser schräge Vogel.
Ohne Hilfe querten wir erneut die Echaz und konnten es kaum fassen –
hier sollten wir rauf? So steil?
Naja, dachten wir dann. Wer zum Schloss will, der muss ja wohl hinauf.
Wir fanden Spuren. Spuren vom Prinzen. „Hier ist er mit seinem Sportwagen, mit den extrabreiten Reifen raufgerast“, sagte Bine und
schritt munter voran. Die Wut trieb sie an. Sie mag keine Sportwagen.
„Schau“, sagte sie dann. „Der hat hier jede Menge Bäume abgemäht, der Depp.“
Steil und steiler ging es bergauf, bis wir zu diesen Felsen gelangten. „Schau nur“, sagte Bine erneut.
„In dieser Höhle hat er sich bestimmt versteckt, der Prinz mit dem röhrenden Schlitten.“
Ich lachte, doch Bine stapfte mutig hinein
in die Höhle und –
da stand er vor ihr. Der Prinz vom Lichtenstein.
„Wenn Du von meiner Rolle naschst, verwandle ich mich in einen richtigen Menschen“, sagte der adelige Taugenichts.
Bine hatte Hunger, voller Entzücken biss sie hinein und – plopp – war der Prinz verschwunden. Quasi der umgekehrte Froscheffekt.
„Der ist bestimmt dort hinten in die Schlucht rein“, sagte ich.
Erneut ging Bine mutig voran,
die Schlucht wurde enger und enger
und dunkler und dunkler.
Bine schaute die Felsen hinauf und
ein kleiner Drache fauchte sie an. „Um den Prinz zu finden, müsst ihr ins Helle – folgt mir“, lispelte er uns an.
Wir taten wie geheißen, das Ende der Schlucht
war schon in Sicht.
Bald erkannten wir, dass wir fast auf gleicher Höhe mit dem Schloss waren, der kleine Drache sprang voraus,
Unsicher tappten wir voran, der Weg verlief steil abwärts, „kommt schnell“, rief der kleine Drache.
Riesige Baumstämme versperrten uns den Weg.
Doch wir kämpften uns weiter. „Da, sieh“, schrie ich. „Oben auf dem Turm, da ist der Prinz.“
Doch Bine hatte nichts gesehen. Und plötzlich verschwand der Turm hinter dem Schlossgebäude.
Immer mehr.
Es war, als ob das Schloss sich gedreht hätte. Zauberei?
Was sollten wir tun?
Na klar. Hier konnte nur die Bergwacht helfen. „Wir kommen sofort“, hieß es.
Seltsamerweise fühlten wir uns irgendwie beobachtet.
unter uns erkannten wir schon wieder Honau, den lieblichen Ort, von dem aus wir gestartet waren.
Die Szenerie wurde immer sagenhafter. Doch wir hatten den kleinen Drachen verloren.
Trotzdem schritt mein Rotfräckchen weiter mutig voran – ungeachtet all der Gefahren,
die uns drohten.
Von der Bergwacht war immer noch keine Spur, dafür fanden wir den Weg zu einer Quelle.
Sehr hübsch, wir hätten uns gerne ein wenig ausgeruht. Doch ohne nasse Füße wäre das nicht möglich gewesen.
Immer noch war die Landschaft magisch, sagenhaft.
Und da sahen wir ihn plötzlich wieder, den Turm vom Schloss. Vom Prinzen aber weiter keine Spur.
Wir suchten alles mit unseren altersschwachen Augen ab – nichts.
Bis ich ihn voller Schrecken
direkt vor mir stehen sah. „Wollt ihr vielleicht noch nen Keks“, fragte er völlig unschuldig.
„Du kannst uns mal“, entgegneten wir. „Uns da in der Höhle völlig allein stehen zu lassen.“
„Verschwinde ganz einfach – und wenn du uns noch einmal über den Weg läufst, dann kriegst du einen Tritt, der dich aber direktemang zurück ins Märchenreich befördert“, rief ich und wir stapften wütend zurück zu unserem Auto.