Winissage bei Petra Bächner in Dettingen mit Weinen vom Hohenneuffen – Anke Beckendorf stellt farbenprächtige Bilder aus
Ungewöhnlich. Dieser Begriff trifft sowohl auf den Wein von Petra Bächner zu, wie auch auf die Bilder von Anke Beckendorf. Der selbstproduzierte Kerner aus dem Weinberg unter dem Hohenneuffen schmeckt wie „ein Kalter Hauch der Alb“, wie die Winzerin selbst am vergangenen Sonntag bei einer Weinprobe mit gleichzeitiger Bilderausstellung betonte.
Ungewöhnlich sind die Werke von Beckendorf, weil viele von ihnen vor Farbigkeit strotzen. Sie erzählen von Wärme, Hitze, Feuer, Glut und Kraft oder auch von Strukturen und Zerstörung. Man muss sich auf die Bilder einlassen, kann in sie eintauchen und sich in ihnen verlieren. Wie die Künstlerin die Effekte auf ihren Bildern erreicht? „Ich trage mehrere Farbschichten auf die Leinwand auf, gebe Spiritus hinzu und schaue, was passiert“, sagt die autodidaktische Künstlerin, die in Erkenbrechtsweiler wohnt und schon seit mindestens 15 Jahren künstlerisch tätig ist.
Beckendorfs Bilder sind meist abstrakt, auf den ersten Blick ist nichts zu erkennen, die Farben wirken für sich selbst auf die Betrachterinnen und Betrachter. Und dennoch: Beim zweiten oder dritten Blick auf das jeweilige Werk, können Gegenstände, Segelboote erkannt werden. Gesichter. Sonne, Licht.
Vielleicht auch Strukturen, die an einen Wald erinnern, an Schilf oder ganz andere Dinge. Wer was sieht, das sei stets sehr subjektiv. Vielleiht aber können die gegenstandslosen Bilder noch faszinierender werden, wenn sie gedreht oder gar auf den Kopf gestellt werden. Verboten sei bei ihren Bildern gar nichts – Beckendorf habe nur das „Problem“, wo sie das Bild signiere.
„Ich experimentiere sehr viel“, sagte die Künstlerin. So hat sie für die Ausstellung in der guten Weinstube von Bächners auch mit Wein gemalt. So wie Udo Lindenberg mit Eierlikör. „Ich glaube, der hat auch schon mit Wein gemalt“, sagt die Künstlerin aus Erkenbrechtsweiler. Für sie gehen bei der Ausstellung in Dettingen das Thema Wein und ihre Werke eine perfekte Symbiose miteinander ein.
Dem stimmt Petra Bächner vorbehaltlos zu. Sie stammt aus dem Remstal, verdiente beruflich in der Werbebranche ihr Geld. Zusammen mit ihrem Mann (ein Ingenieur in der Automobilbranche) habe sich das Paar schon immer für den Weinbau interessiert. Das Interesse wuchs umso mehr, je weiter sie sich in die Materie vertieften. Schließlich kauften und pachteten sie am Hohenneuffen Anbauflächen und bauten dort ihren eigenen Wein an. „Anfangs ging es bei uns rein darum, den Wein zu kreieren, der uns selbst am besten schmeckt“, sagte Petra Bächner.
Die Bedenken der anderen Winzer am Hohenneuffen, die dort größtenteils schon seit Generationen Wein anbauen, seien anfangs groß gewesen. Zumal Petra Bächner begann, mit einer Gruppe weiterer junger Mütter aus Dettingen im Weinberg zu arbeiten. „Wir haben die Tätigkeit unterm Hohenneuffen um die Betreuung unserer Kinder herum organisiert.“ Und so funktioniert es auch heute noch: „Ich schreibe eine Nachricht in WhatsApp, morgen Vormittag gehe ich in den Weinberg, wer hat Zeit.“
Zu dieser ungewöhnlichen weiblichen Winzertruppe kam noch hinzu, dass es Biowein werden und der Kerner im Barriquefass reifen sollte. „Ich bin zunächst für verrückt erklärt worden, Kerner im Barriquefass – und heute ist das einer unserer Renner“, so Petra Bächner. Sie weiß unheimlich viel über den Weinbau, hat sich informiert, ist eingetaucht in die Welt des Weines und auch in den Boden am Hohenneuffen.
Dieser Boden sei nämlich ungewöhnlich mineralreich, die Sonne entfalte erst am Mittag seine Kraft auf die Weinreben und der Hang kühle nachts stark aus. All das habe deutliche Auswirkungen auf den späteren Wein. Und das natürlich nicht nur auf den Kerner, sondern auch auf den selbstproduzierten Spätburgunder. Der sei wiederum sehr fruchtig, schmecke nach Sauerkirsche und ganz viel mehr, denn: „Wein besteht aus 600 Geschmacksstoffen“, betonte Bächner.
Mit einem guten Glas Wein in der Hand durch die Weingarage und die angrenzenden Räume zu flanieren, das Ambiente und die Bilder von Anke Beckendorf auf sich wirken zu lassen – all das zusammen war mehr als ungewöhnlich an solch einem herrlichen frühlingshaften Nachmittag. Ungewöhnlich gut.