Studierende des dritten Semesters der Sozialen Arbeit präsentieren in Alice-Salomon-Haus die Ergebnisse ihres Praxissemesters
„So ein Praxissemester ist herausfordernd und ein ehrgeiziges Unterfangen im Studium der Sozialen Arbeit“, betonte Stephan Thalheim als Leiter des Praxisamts beim Studiengang Soziale Arbeit am Freitagvormittag im Alice-Salomon-Haus. In dem Studierenden-Wohnheim finden einige Seminare statt – ebenso wie im ein paar hundert Meter entfernten Hohbuch-Zentrum sowie in Containern. Die Hoffnung auf bessere Studienräumlichkeiten besteht, „zumindest ist der Studiengang in Reutlingen gesichert“, betonte Leiterin Prof. Maria Knab am Rande der Projektpräsentationen von Studierenden des 3. Semesters.
„Die beiden Praxissemester sind viel mehr als nur Wissensvermittlung, denn allein vom Zuhören lernt man nicht viel“, so Thalheim zu den Studierenden und Gästen bei der Präsentation. Die Nachwuchs-Sozialarbeiter waren in einigen Arbeitsfeldern der Sozialen Arbeit unterwegs, in denen sie vielleicht auch in ihrem späteren Berufsleben einsteigen werden. Denn: Nicht wenige von ihnen finden tatsächlich bei einem Praxissemester ihren künftigen Job, ihre spätere Aufgabe.
Gekümmert, geforscht, unterstützt, gearbeitet und gestaunt haben die Studierenden in Bereichen wie „Wege in Ausbildung für benachteiligte Jugendliche ohne berufsqualifizierenden Abschluss“. Getan haben sie das bei Ridaf und deren Fachbereich Jugendsozialarbeit. Andere Studierende hatten im Bereich „Menschenbilder in den Medien“ geforscht und damit verbundene Diskriminierung und Abwertung in Zusammenarbeit mit dem Stadtjugendring Stuttgart analysiert.
Wie man als Diakonischer Betreuungsverein Ehrenamtliche findet, damit hatte sich wieder eine andere Gruppe kommender Sozialarbeiterinnen beschäftigt. Weitere gingen ein Semester lang der Frage auf den Grund, wie in einem Quartiersprojekt „Strategien zur Überwindung von Armut“ gefunden werden könnten. Fundraising, ein drängendes Problem, aber auch eine Möglichkeit für soziale Organisationen, um dringend notwendiges Geld für die Soziale Arbeit zu akquirieren – damit befasste sich eine andere Gruppe ein Semester lang, in Zusammenarbeit mit der AWO Reutlingen. Spannend: Wie könnte die bessere digitale Teilhabe von Menschen mit Behinderungen aussehen, das fragte sich eine Studien-Gruppe im Praxissemester in Kooperation mit der Lebenshilfe Reutlingen.
Wie sieht die Schulung und Begleitung von Ehrenamtlichen in der Sterbebegleitung aus – auch in dieses Arbeitsfeld war eine Gruppe von drei Studierenden ein Semester lang eingetaucht. Kooperations- beziehungsweise Praxispartner war hier der Ambulante Hospizdienst Reutlingen. Am vergangenen Freitag präsentierten alle Gruppen ihre Projekterfahrungen und ihre neu gewonnenen Erkenntnisse im Alice-Salomon-Haus.
„Wir sind bei solchen Präsentationen oft genauso aufgeregt wie Sie“, hatte Prof. Maria Knab zu Beginn der Veranstaltung am Freitag betont. Ein großes Projekt des Studiengangs Soziale Arbeit sei neben all den Praxisfeldern aber auch „die Demokratie zu verteidigen“, wie Knab betonte. So wie es vergangenen Freitag auf dem Reutlinger Marktplatz, sei es „auch für uns nun endlich Zeit endlich aufzustehen und uns zu positionieren“. Gerade die Soziale Arbeit habe enormen Einblick in jene Menschengruppen, die eh am Rand stehen – und durch rechte Gruppierungen noch mehr diskriminiert und womöglich sogar abgeschoben werden sollen.
„Es ist wichtig, in die Fußstapfen von Alice Salomon, der liberalen Sozialreformerin und Friedensaktivistin gegen den Ersten Weltkrieg, zu treten – wir haben ihr viel zu verdanken“, sagte Knab über die Namensgeberin des Studierendenwohnheims in der Pestalozzistraße. „Wir brauchen auch heute wieder mutigen Widerstand gegen menschenverachtende Positionen.“