Frohes Fest mit Finanzierungssorgen – AWO-Weihnachtsgrillen für die Klienten

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Arbeiterwohlfahrt feiert zusammen mit Klientinnen und Klienten sowie OB Thomas Keck den Heiligen Abend beim gemeinsamen Grillen

Fröhliches Grillen bei Weihnachtsmusik, leckerem Gegrilltem und Getränken – eine schöne Sache? Ja. Und Nein. Beides gleichzeitig, denn: Die Gemeinschaft, die sich am Heiligen Abend gegen Sonntagmittag im Hof der Reutlinger Arbeiterwohlfahrt eingefunden hat, vereinte vor allem eins – das gemeinsame Schicksal der Wohnungslosigkeit. Verursacht durch den verlorenen Job, durch eine Trennung, durch Krankheit oder andere Schläge des Schicksals.

„Trotz unseres Präventionsangebots NAWO steigen die Zahlen der Menschen, die von Wohnungslosigkeit betroffen sind“, sagte Rita Wilde als langjährige AWO-Mitarbeiterin. Dass immer mehr Menschen in Reutlingen wohnungslos werden, liege aber nicht an der Qualität des „Ambulanten Netzwerks Wohnungssicherung“ kurz NAWO – im Gegenteil: „Die Erfolgsquote der Arbeit liegt bei 70 Prozent“, betonte AWO-Geschäftsführer Ulrich Högel. Weil die Arbeiterwohlfahrt mit ihrer Tätigkeit Pflichtaufgaben der Daseinsfürsorge von Stadt und Landkreis übernimmt, müsste die auch auskömmlich finanziert werden. Eigentlich. Aber: Der Kreistag hatte sich in der letzten Sitzung des Jahres gegen die Übernahme der gestiegenen Kosten ausgesprochen. „Wir hatten nur das beantragt, was wir brauchen, um unsere Arbeit finanzieren zu können“, so Högel.

Die Entscheidung des Kreistags (vor allem mit der konservativen Mehrheit von Freien Wählern und CDU) heiße nun: „Wir müssen mit dem auskommen, was wir erhalten“, sagte ein sichtlich frustrierter Ulrich Högel. „Für die Jahre 2023 bis 2025 werden uns durch diese Entscheidung 111 000 Euro für unsere Arbeit fehlen.“ Und das – es sei hier nochmals wiederholt – für Leistungen, die Pflichtaufgaben von Stadt und Landkreis sind. „Das einzig Positive ist, dass der Reutlinger Gemeinderat unsere gestiegenen Kosten anerkannt und den NAWO-Zuschuss erhöht hat – wenn auch nicht in vollem Umfang“, so der AWO-Chef. Wie die anfallenden Mehrkosten finanziert werden sollen, sei im Moment noch völlig unklar. „Vielleicht müssen wir eine dringend benötigte Stelle ein Jahr lang unbesetzt lassen“, so Högel. Was natürlich zulasten der Klientinnen und Klienten gehe.

Die passenden Zahlen dazu, die laut Rita Wilde „auch dieses Jahr wieder erschreckend hoch sind“: 896 Menschen waren im Jahr 2023 in der Beratung der AWO, weil sie in Wohnungsnot geraten sind, darunter 210 Frauen. „Unsere Einrichtungen wie die beiden Aufnahmehäuser für Frauen und für Männer sind voll belegt ebenso wie die Notübernachtung und die von der AWO verwalteten Wohnungen der Oasen“, so Wilde. Was bleibt, sei die Hoffnung. „Eine Erhöhung des Bürgergelds führt hoffentlich dazu, dass unsere Klientel zumindest ein bisschen entlastet wird.“

Ansonsten wurde am Sonntagmittag trotzdem ein wenig gefeiert. Mit Roten vom Grill, mit selbst gebackenen Waffeln und auch mit zwei großen Hefezöpfen, die Oberbürgermeister Thomas Keck persönlich vorbeigebracht hat. „Ich wünsche allen Frohe Weihnachten“, sagte der Reutlinger Rathauschef. Genauso wie Ulrich Högel sagte auch Keck Dank an die mittlerweile 48 hauptamtlichen, aber auch die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Arbeiterwohlfahrt für ihre Tätigkeit und für den Einsatz für die Menschen am Rand der Gesellschaft.

Warum dieses Jahr nicht wieder im Café Nepomuk gefeiert wurde, wie viele Jahre zuvor? „Wir hatten das überlegt, aber die Corona-Zahlen sind steil in die Höhe gegangen, aus Rücksicht auf unsere Klienten haben wir uns wieder für die Open-Air-Veranstaltung entschieden“, so Rita Wilde.

Erstaunlich war einmal mehr der Einsatz der vier ehemaligen Schülerinnen und Schüler der Merian-Schule in Dußlingen: Seit 16 Jahren sind sie jedes Jahr wieder bei der AWO-Weihnachtsfeier dabei. Sie helfen beim Bedienen, beim Grillen, beim Ausschenken. Für sie gehört diese Tätigkeit zu Weihnachten dazu wie die Geschenke unterm Weihnachtsbaum. Oder wie „Last Christmas“ im Radio. „Weihnachten ohne AWO-Weihnachtsfeier ist für uns undenkbar“, betonten alle vier.

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