VdK Ortsverband feierte vor kurzem das 75jährige Bestehen in der Betzinger Kemmler-Halle – Als Unterstützer für Kriegsversehrte gestartet hat sich der VdK zu einem modernen Sozialverband entwickelt
Ursprünglich stand das Kürzel VdK für „Verband der Kriegsbeschädigten, Kriegshinterbliebenen und Sozialrentner Deutschlands“. Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg haben sich Selbsthilfegruppen in ganz Deutschland gebildet. So wurde auch der VdK Betzingen im Jahr 1948 gegründet. Vor wenigen Tagen hat der Ortsverband, der heute Betzingen-Degerschlacht heißt, sein 75jähriges Bestehen gefeiert.
Die Nachkriegszeiten sind lang vorbei, die Ziele des heutigen Sozialverbands haben sich radikal verändert, wie auch Jürgen Neumeister als VdK-Ortsvereins-Vorsitzender, Kreis- und Bezirksvorsitzender im Gespräch erläutert. Neumeister ist selbständiger IT’ler, er berät Firmen vor allem beim Datenschutz. „Der VdK ist nur mein Hobby.“ Allerdings ein Hobby, für das er immer mehr Zeit aufwendet. „Mittlerweile ist das schon ein Halbtagsjob.“ Er tut das jedoch alles ehrenamtlich. „Wenn ich das Leuchten in den Augen einer Rentnerin sehe, für die der VdK Wohngeld, aufstockende Hilfen oder eine Kur erstritten hat, dann ist das die Befriedigung, die ich aus der Tätigkeit ziehe“, so Neumeister.
Der VdK ist mit seinen 35 juristischen Beratungsstellen in Baden-Württemberg „für Menschen da, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen“. Der Verband kämpft für Barrierefreiheit, macht laut Neumeister Patienten- und Wohnberatung. „Man kann beim VdK anrufen und dann kommt ein Wohnberater.“ Bei der Feier am Samstag vor dem 3. Advent war in der Betzinger Kemmler-Halle auch Reutlingens Oberbürgermeister Thomas Keck dabei. „Der VdK ist ein wichtiger Bestandteil der Kommune“, hatte er betont. Die Beratung der Menschen vor Ort sei wichtig.
Doch der VdK stehe für noch viel mehr: „Wir machen Lobbyarbeit für diejenigen, die sonst wenig oder gar nicht wahrgenommen werden“, betonte der VdK-Landesvorsitzende Hans-Josef Hotz (sein Stellvertreter ist im Übrigen Jürgen Neumeister) bei der Jubiläumsfeier. Und Hotz ging auch auf die aktuelle Politik ein – die wenig Verheißungsvolles mit sich bringe: Aufgrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts – das besagte, der Haushalt 2023 sei nicht verfassungskonform – klaffe nun eine Lücke von 60 Milliarden Euro im Staatssäckel. Die Befürchtungen seien groß, dass die Ampel-Regierung zu „dramatischen Sparmaßnahmen und Einschränkungen von sozialen Leistungen“ greifen werde, so Hotz.
Doch der VdK werde sich mit allen Mitteln dagegen wehren: „Seit der Gründung unseres Verbands im Jahr 1946 kämpft dieser VdK um soziale Gerechtigkeit“, betonte der Landesvorsitzende. Und dabei gehe der Verband auch gegen Polemik vor, wie sie von der CDU vor kurzem erst mal wieder losgelassen wurde: Thomas Middelberg habe laut Hotz die Regierung aufgefordert, „von den vier Millionen Bürgergeldbeziehern endlich ein paar in Arbeit zu bringen“, so das wörtliche Zitat. Dabei werde bewusst verschwiegen, dass „zwei Drittel der vier Millionen Bürgergeldempfänger in Arbeit sind, dort aber so wenig verdienen, dass sie einen Anspruch auf Bürgergeld haben“.
Doch der VdK ist noch viel mehr: Die GSW (Gesellschaft für Siedlungs- und Wohnungsbau), als 100prozentige Tochter des VdK mit Sitz in Sigmaringen, gehe laut Neumeister das Problem der fehlenden Wohnungen selbst an. Mit den GSW-Bauprojekten würden auch geförderte Wohnungen mit Mietpreisen von 7 Euro pro Quadratmeter geschaffen.
Wie das möglich ist? „Die GSW muss keine Dividende für Aktionäre oder sonstige Teilhaber erwirtschaften“, betont Neumeister. Ein Bauprojekt, das besonders für Reutlingen interessant ist: Hinter dem neuen Landratsamt baut die GSW 68 Wohnungen, darunter 20 gefördert. „Die GSW ist das Unternehmen mit den meisten geförderten Wohnungen“, so Jürgen Neumeister, der im Aufsichtsrat der Gesellschaft vertreten ist.
Und wie geht’s weiter mit dem VdK? „Wegen der stetig steigenden Mitgliederzahlen werden wir die Infrastruktur weiter ausbauen“, sagt der Vize-Landesvorsitzende. „Wir werden noch mehr Einfluss auf die Landes- und Bundespolitik nehmen.“ Das Traurige an alldem sei: „Die Anzahl der Mitglieder ist immer ein Gradmesser für die sozial schwierige Lage im Land“, sagt Jürgen Neumeister.
INFO:
Sozialverband VdK
Der VdK ist der größte Sozialverband in Deutschland, er verweist auf bundesweit 2,2 Millionen Mitglieder, allein in Baden-Württemberg sind es 262 000. „Der Kreisverband Reutlingen hat fast 4800 Mitglieder, in Betzingen-Degerschlacht sind es 344“, sagt Jürgen Neumeister. Die Menschen kommen zum VdK, um juristische Unterstützung zu erhalten. Weil die Rente, eine Kur oder ein Behinderungsgrad nicht anerkannt wird. „Der VdK hat für seine Mitglieder im vergangenen Jahr 17 Millionen Euro vor Gericht erstritten“, so Neumeister.