Zu wenige Sozialwohnungen – Pfullinger Jürgen Strohmaier und Stefan Wörner äußern sich

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Pfullinger Jürgen Strohmaier hat einen Brief an Bürgermeister Stefan Wörner gesandt, in dem er sich über mangelnde Bürgerbeteiligung bei Bauprojekten und zu wenig Sozialwohnungen beschwert

Jürgen Strohmaier hatte vor kurzem einen Brief an Pfullingens Bürgermeister Stefan Wörner gesandt. Worum es darin geht? Im Elisenweg wird gerade gebaut, sechs Mehrfamilienhäuser mit insgesamt rund 60 Wohnungen sollen entstehen. Bei seinen Formulierungen war Strohmaier nicht kleinlich: „Überteuerte Eigentumskäfige mit ‚Echtholz-Parkett‘“ werden das, schrieb Strohmaier. „Wohnen im Grünen“, wie der Bauunternehmer das nennt, sei ein Witz – laut Rathauschef Wörner aber einfach eine Werbe- und Marketingstrategie des Bauträgers. Nichts Besonderes also.

Der Soziologe Strohmaier nennt das Bauvorhaben weiter „ein Ghetto für sogenannte Besserverdienende“. Der Stadtverwaltung macht Jürgen Strohmaier konkrete Vorwürfe: Sie „paktiert mit einem Unternehmen, das auf maximalen Profit zugeschnitten ist“. Außerdem bleibe „Bürgerbeteiligung, wenn es um richtig viel Kohle geht, auch in Pfullingen eine kommunalpolitische Sprechblase“.

„Ghetto für sogenannte Besserverdienende“

Dagegen verwehrt sich Wörner, regt sich aber nicht weiter darüber auf. „Hier handelt es sich um einen typischen Zielkonflikt – wir sollen bei der Bebauung nachverdichten, weil ja Wohnungen fehlen, gleichzeitig Grünflächen erhalten und keine weiteren Außenflächen versiegeln“, sagt der Bürgermeister auf Anfrage unserer Zeitung. „Wohnraum ist sehr knapp, das zeigt auch die Bundespolitik, und dem kann man nur begegnen, wenn wir bauen.“

Und das tue Pfullingen. Im Gebiet „Hinterer Spielbach“ etwa, von der Baugenossenschaft Pfullingen ist mit dem „Achalmblick“ ein großes Areal errichtet worden. Zudem gebe es ein „Pfullinger Modell“, bei dem die Kaltmiete 15 Prozent unter den üblichen Durchschnittsmieten liegen müsse. Beim Arbachquartier sei das mit drin, im „Hinteren Spielbach“ auch. Im Elisenweg allerdings nicht. Dort gebe es bereits Bauvorschriften, in denen alles geregelt war – auch die maximale Anzahl der Wohnungen.

„Vor kurzem erst den Eigenbetrieb Wohnbau Pfullingen gegründet“

Doch die Stadt Pfullingen nehme noch mehr Einfluss auf den Wohnungsmarkt: „Wir haben vor kurzem erst den Eigenbetrieb Wohnbau Pfullingen gegründet“, sagt der Bürgermeister. „Damit wollen wir selbst Einfluss auf den Wohnungsmarkt nehmen, das ist nur so möglich.“ Ein erstes Projekt stehe bereits an, in der Großen Heerstraße sollen 40 bis 50 Wohnungen mit bezahlbaren Mieten entstehen. „Wir brauchen allerdings dringend die Zuschüsse von Bund und Land für solche Projekte“, so Wörner.

Hinzu kommen in Pfullingen 200 Bestandswohnungen, „die werden wir auch behalten, müssen sie allerdings auch unterhalten und sanieren“. Über Einweisungen kommen obdachlose Menschen in diese Wohnungen, Flüchtlinge, aber es finden sich auch einige bezahlbare Mietwohnungen darunter. „Wir tun, was wir können“, sagt der Pfullinger Rathauschef. Allerdings werde es noch rund drei Jahren dauern, bis das erste Projekt des Eigenbetriebs Wohnbau fertig ist.

Jürgen Strohmaier hebt im Gespräch darauf ab, dass für Menschen mit wenig Geld zu wenig beim Wohnungsbau getan wird. „Das Recht auf Wohnen muss gewährleistet sein“, sagt er. Als Moderator und Mitautor hat der Soziologe am „Lebenslagenbericht Wohnen“ von Stadt und Landkreis Reutlingen mitgearbeitet. Er weiß also, wovon er spricht. Er sieht das Problem, dass bezahlbarer Wohnraum aus den Städten verdrängt wird. Gerade Menschen mit wenig Geld bleibt oftmals nichts anderes übrig, als aufs Land zu ziehen. Mit den Nachteilen, dass sie dann vom ÖPNV abhängig sind oder ein Auto brauchen – das sie sich nicht leisten können.

„Es braucht einen Schulterschluss von Sozialverbänden, Wohnbaugenossenschaften und den Kommunen“, fordert Strohmaier. Grundsätzlich gelte es aber, „nicht nur zu jammern“. Ein Ansatz zur Lösung der Wohnungsnot wären seiner Meinung nach „Tiny Houses“. Er fordert zudem die Beteiligung der Bürgerschaft – auch wenn die Motivation zur Beteiligung nicht gerade einfach sei. (Außer, die Bürgerinnen und Bürger seien direkt betroffen von Neubauvorhaben.)

„Wir müssen aus den Echokammern und Blasen raus“, fordert der Soziologe. Arm und Reich seien zu strikt getrennt, eine Plattform zum Thema „Wie könnte die Stadt 2030 aussehen“ etwa, fände er gut. „Wir müssen uns darüber verständigen, wie wir mit Wohnungslosigkeit, mit Flüchtlingen, mit bezahlbarem Wohnraum umgehen.“ Die unterschiedlichen Milieus müssten zusammenkommen, „es gibt Konzepte dafür“, so der Soziologe. Die Schere zwischen Arm und Reich müsse mehr geschlossen werden. Durch solche Bauprojekte wie im Elisenweg könne das jedoch nicht gelingen.

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