„Wir sind nicht gegen Windkraft – aber not in my backyard“

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Bürgerinitiative „Pro Natur Härten“ lockte mit zweiter Veranstaltung gegen Windräder in Wankheim mehr als 130 Interessierte an

Eine seltsame Atmosphäre herrschte am Mittwochabend dort im Feuerwehrgerätehaus von Wankheim: Ein rappelvoller Raum, in dem sich rund 130 Gäste drängten. Sie wollten die Ausführungen von Prof. Michael Thorwart hören, der sich eindeutig gegen Windkraft (und auch gegen Fotovoltaik) ausspricht – und schon 2014 behauptet habe, dass die Energiewende gescheitert sei.

„Bewiesen“ hat der Hamburger Physik-Professor das anhand einer riesigen Menge an Statistiken, Schaubildern, Zahlen und auch Vergleichen. So warf er in seiner Powerpoint-Show eine Tafel Schokolade an die Wand – diese Schokolade besitze hochgerechnet auf ein Kilogramm einen Brennwert von 23 Megajoule. Wasserkraft hingegen besitze nur einen Brennwert (oder eine Energiedichte) von 0,001 Megajoule, Wind bringe es auf 0,46 Megajoule und Biomasse auf 4 Megajoule. Braunkohle 11, Brennholz 17, Steinkohle 34 Megajoule, Öl 43, Gas immerhin 50 und dann – wie der Hase aus dem Hut – die Kernkraft mit sagenhaften 640 000 Megajoule pro Kilogramm. Und wie lautete die Schlussfolgerung: Ich lege mir zehn Tafeln Schokolade in den Schrank und habe dann die 50fache Energie eines Windrads? Kann man denn mit Schokolade Strom produzieren?

Schon nach kurzer Zeit schwirrte einem bei dem Vortrag der Kopf vor lauter Zahlen und Schaubildern. Wenn jemand, der in diese Veranstaltung gegangen ist, schon vorher gegen die Windräder auf den Härten war – nach dem Vortrag waren er oder sie ganz sicher bestärkt in ihrer Vermutung, dass die Windräder nicht auf die Härten gehören. Genau das hatte ja schon im Vorfeld Hermann Schäffer als Chef der Bürgerinitiative „Pro Natur Härten“ eindeutig und klar dargelegt.

„Wir sind nicht gegen Windkraft, Windräder irgendwo aufzustellen, das ist okay“, betonte Schäffer. Und ja, es stimme der Spruch, „not in my backyard, also nicht in meiner Nachbarschaft“. Aber in Wankheim doch aus gutem Grund, wie der engagierte Kämpfer gegen die Windkraft auf den Härten ausführte.

Die optische Beeinträchtigung führte er an, „wir wollen keine drei Eiffel-Türme hier“. Außerdem stimme der baden-württembergische Windatlas eh nicht, „der häufigste Betriebszustand von Windkraftanlagen im Land ist der Stillstand“, sagte auch Prof. Thorwart später. Schäffer war aber noch nicht fertig: Bei Westwind werde der Lärm der Windräder bis nach Jettenburg getragen. Schließlich produziere so ein Windrad direkt an der Nabe 108 Dezibel. In 200 Meter Höhe. Und „jedes Mal, wenn so ein Windradflügel am Mast vorbeirauscht, dann macht es Wuff, Wuff, Wuff – ich will aber nicht vom Schall gestört werden“, rief Schäffer den Gästen zu. Er erntete Beifall.

Den Einwurf eines Zuhörers, dass er doch eigentlich wegen des Vortrags des Professors gekommen sei und nicht eine halbe Stunde lang eine Einführung hören wolle, fegte Schäffer hinweg. „Sie können ja gehen, wenn es Ihnen nicht passt.“ Zustimmung und erneut heftiger Beifall für Schäffer – was aber nicht sehr demokratisch klang. Auch Michael Thorwart konterte in seinem Vortrag mehrfach Einwürfe von zwei bis drei fachlich bestens gerüsteten Zuhörern mit: „Hahaha, ja, das kenn ich, das sind die Standardargumente, die immer kommen.“ Beantwortet hat der Professor die Einwände aber höchst selten.

Seinen Vortrag begonnen hatte Thorwart mit Attacken gegen die Presse: Wie schlecht er von den Medien schon behandelt worden sei und was schon alles falsch über ihn berichtet wurde. Kurz darauf führte er aber an, dass andere Zeitschriften oder Zeitungen getitelt hätten: „Greta Thunberg demonstriert gegen Windkraft.“ Im Übrigen sei er kein Klimaleugner, „ich bin ein Klimaschützer, wenn es um den Erhalt von Atomkraftwerken geht“. Es folgte ein Parforceritt durch all die „falschen“ Energie-Entscheidungen in Deutschland und Baden-Württemberg.

Der Höhepunkt war ein Kurzfilm über Horrorbilder einer Landschaft, in der Hunderte von Windrädern bei untergehender Sonne am Horizont stehen – „so kann’s auch hier bald aussehen“, sagte der Professor. Ähem, ging es nicht eigentlich um drei Windräder auf den Härten? Aber Thorwart hatte ja die Lösung parat: Atomkraftwerke der Generation IV. Ohne all die Probleme der Vorgänger-AKW. Ah ja.

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