Im Reutlinger Tonne-Theater wurde vor kurzem groß gefeiert: Das zehnjährige Bestehen der Inklusionskonferenz lockte mit Kabarett, Musik und Talkrunde
Wer Rainer Schmidt als Moderator bestellt, der muss sich auf so einiges gefasst machen: „Hallo, liebe Primatenabkömmlinge“, begrüßte der Theologe, Kabarettist und paralympische Tischtennisspieler das Publikum am Dienstagabend im Reutlinger Tonne-Theater. Der Anlass: Das zehnjährige Bestehen der Inklusionskonferenz wurde gebührend gefeiert. Eben mit Kabarett von Schmidt und schwarzem Humor. Auf die Frage nach dem Verbleib seiner Hände habe er schon mal geantwortet: „Misslungener Suizid, hab mich falschrum auf die Gleise gelegt.“
Wenn man mit Handicaps leben muss, dann gehe es stets um den „Umgang mit Begrenzungen“. Jemand der im Rollstuhl sitze, könne aber durchaus „völlig vergnügt sein“, so Schmidt. Die Bilder in den Köpfen von Menschen zu revidieren, darum gehe es. Durch Begegnung könnten diese Bilder aus dem Kopf verschwinden. „Ja, wir lösen Verunsicherung aus“, sagte Schmidt. Aber: „Jeder Mensch bringt Stärken mit.“ Die herauszufinden, auch das sei Inklusion.
Bestes Beispiel dafür? Das Reutlinger Theater und ihr inklusives Ensemble (Foto oben). An diesem sehr bunten Abend zeigte das Tonne-Team Ausschnitte aus ihrem Stück „Champions“, mit Liedbeiträgen der Pop-Gruppe Queen – ein wahres Erlebnis, mit pink Perücken, silbernen Jacken und Wischmopp. Welches Lied hätte auf diese gelebte Inklusion besser gepasst als „We are the champions“ der legendären Band? Aber: Es ging durchaus auch ruhiger und weniger bunt zu an diesem Abend: Bei einer Talkrunde etwa, bei der Ex-Landrat Thomas Reumann als Ideengeber und -umsetzer anwesend war. Er hatte das Pilotprojekt der Inklusionskonferenz zum Laufen gebracht hatte.
Anwesend war auch der jetzige Landrat Thomas Fiedler, der hervorhob, dass ohne die Arbeit des Beirats Selbsthilfe nicht möglich gewesen wäre, die Weiterentwicklung der Konferenz voranzutreiben. Dankbar hatte sich Reumann gezeigt, dass in den Anfängen das Sozialministerium die Reutlinger Bemühungen unterstützt hatte. „Auch für uns war das ein Leuchtturmprojekt“, sagte Amtschefin im Sozialministerium Leonie Dirks. Grünen-Landtagsabgeordneter Thomas Poreski betonte: „Reutlingen ist so eine Art Soziallabor.“
Beim Kurz-Talk von links: Rainer Schmidt, Thomas Reumann, Rebecca Hummel, Ulrich Fiedler, Dieter Steuer, Leonie Dirks und Thomas Poreski.
Deshalb seien die Voraussetzungen für die Einrichtung solch einer Konferenz an der Achalm gut gewesen. Dieter Steuer verwies als Beiratsmitglied darauf: „Der Beirat ist ein wunderbares Team, der Austausch dort findet auf Augenhöhe statt“, sagte er in Gebärdensprache. Rebecca Hummel sagte als Inklusionskonferenz-Mitglied: „Wir haben genug Themen für die nächsten Jahre, die wir angehen müssen.“
Aus der unglaublichen Vielzahl an Projekten – die durch Susanne Blum als Geschäftsführerin der Inklusionskonferenz angeschoben, unterstützt und vorangetrieben wurden – sind am Dienstagabend in der Tonne zehn Projekte (für zehn Jahre) gesondert vorgestellt worden. Darunter die Tonne, eine Rollstuhl-Rallye in Walddorfhäslach, ein Living Museum in Buttenhausen und vieles mehr.
Bestens simultan in Gebärdensprache übersetzt haben die beiden Dolmetscherinnen das gesamte hörbare Geschehen an diesem Abend.