Auf seiner Sommertour durch das Ländle traf Sozialminister Manne Lucha am gestrigen Mittwoch im Reutlinger Rathaus auf OB Thomas Keck und die Verantwortlichen des Vereins WohnWerk
Menschen mit den unterschiedlichsten Problemlagen haben es enorm schwer, eine Wohnung zu finden. Das gilt nicht allein für Wohnungslose, sondern auch für psychisch Kranke, für behinderte Menschen, für Haftentlassene und für ganz viele andere Personen, die von diversen Einrichtungen betreut werden. „Es entwickelte sich dahin, dass immer mehr Einrichtungen und auch kleine Vereine selbst Wohnraum angemietet und an ihre Klientinnen sowie Klienten weitervermietet haben“, berichtete Michael Wandrey als Vorstand des Vereins WohnWerk, der in Reutlingen und Tübingen seit März dieses Jahres aktiv ist.
Sozialminister Manne Lucha lauschte intensiv den Ausführungen – schließlich war er auf seiner Sommertour durchs Ländle extra nach Reutlingen gekommen, um sich über dieses gelungene und erfolgreiche Projekt zu informieren. Dass die Arbeit des Vereins notwendig ist, verdeutlichten auch Zahlen, die Reutlingens Oberbürgermeister Thomas Keck bekanntgab: In der Stadt seien vor zwei Jahren mehr als 350 Menschen wohnungslos gewesen, darunter 260 Erwachsene und 94 Kinder – besonders die unglaubliche Zahl so vieler wohnungsloser Kinder schockierte den OB.
Die Stadt habe nun eine Kooperationsvereinbarung mit WohnWerk getroffen, im Herbst soll der Startschuss für das künftige gemeinsame Bemühen der Suche nach Wohnraum für Menschen starten, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen. Lucha unterstrich seinerseits den dringenden Handlungsbedarf: „Im Land waren vergangenes Jahr 36 000 Menschen wohnungslos, darunter 28 Prozent unter 18 Jahre alt.“
Gerade in diesem Bereich müsse deutlich mehr getan werden, „denn Wohnungen bedeuten Geborgenheit, Sicherheit und sie sind die Voraussetzung dafür, sich gesund entwickeln zu können“, sagte der Minister. Von der Arbeit des Vereins WohnWerk zeigte sich Lucha beeindruckt, forderte Michael Wandrey und Barbara Wolf aus dem Vorstand sowie Thomas Schneider als Geschäftsführer auf, ihm das Konzept für die Tätigkeit zukommen zu lassen. „Das ist doch eigentlich ein Geschäftsmodell“, so Manne Lucha.
Ziel von WohnWerk sei anfangs gewesen, 100 Mieter in besonderen Situationen Wohnraum zu verschaffen. „Wir haben mittlerweile 110 Wohnungen, sowie 200 Mieterinnen und Mieter“, berichtete Schneider. Mitentscheidend sei dabei gewesen, dass acht Einrichtungen ihren jeweiligen Wohnungsbestand mit eingebracht haben.
von links: die Landtagsabgeordneten Thomas Poreski (Grüne) und Manuel Hailfinger (CDU), Kreis-Sozialamtsleiterin Manuela Jess, Sozialminister Manne Lucha, OB Thomas Keck, die WohnWerk-Aktiven Michael Wandrey, Barbara Wolf und Thomas Schneider.
Das WohnWerk miete die Wohnungen an, vermiete sie an die Menschen weiter und kümmere sich um alles, was solche Mietverhältnisse und die Wohnungsverwaltung mit sich bringen. Warum der gemeinnützige Verein das tut? „Es ist ja nicht die originäre Aufgabe von sozialen Trägern, sich um einen immer weiter wachsenden Wohnungsbestand zu kümmern“, sagte Wandrey.
Zusammen mit anderen hat er also ein Konzept entwickelt, wie Wohnraum für Menschen mit besonderen Problemlagen gefunden und auch längerfristig gehalten werden kann. Schwierigkeiten habe es laut Wandrey und auch laut Manuela Jess als Kreis-Sozialamtsleiterin zuhauf gegeben. Viele dieser Probleme waren gesetzlicher Natur – weil es die Tätigkeit solch eines Vereins bislang gar nicht gab. Und die Finanzierung dieser Tätigkeit im Gesetz auch nicht vorgesehen war.
„Wir haben für einige Bereiche Lösungen gefunden“, freute sich Michael Wandrey aber doch. Andere Probleme müssten noch gelöst werden, Manne Lucha versprach Unterstützung und verteilte ein dickes Lob an die Verantwortlichen des Reutlinger-Tübinger WohnWerks. „Man muss ja auch mal schöne Termine und Nachrichten haben“, so der Minister. Grundsätzlich gelte es, sich „das Narrativ zurückzuerobern“. Was er damit meinte? „Wir müssen die Hoheit über die Stammtische wieder zurückgewinnen“, sagte Lucha im Brustton der Überzeugung.