Über Siebe, Walzen und Sinter zum Mehl

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Oferdinger Mühle hatte am Deutschen Mühlentag die Türen zur Besichtigung und Erläuterung geöffnet

Riesige Silos stehen hinter dem Mühlengebäude. Wie viele Tonnen Weizen da wohl reinpassen, fragte Susanne Illi vom Rebio-Qualitätsmanagement am gestrigen Pfingstmontag vor der Oferdinger Mühle. Von den gut einem Dutzend Führungsteilnehmerinnen und -teilnehmern traute sich niemand so richtig an die Frage heran. „In ein Silo passen 500 Tonnen Weizen“, so Illi. „Das sind 20 große Lkw-Ladungen.“

Solche und noch viel mehr erstaunliche Informationen gab es in Oferdingen beim gestrigen Deutschen Mühlentag. Dinkel, Emmer, Roggen, Einkorn und Weizen werden in der Bio-Mühle in der Nähe des Neckars vermahlen. Rund 100 Landwirte beliefern den Oferdinger Betrieb, der seit  2019 zu Rebio gehört, also der Regionalen Bioland-Erzeugergemeinschaft mit Sitz in Rottenburg. Die anliefernden Bioland-Landwirte sind in der Region, aber auch weit darüber hinaus zu finden, „bis zum Bodensee, Schwarzwald und Rheintal“, führte Susanne Illi aus. „Wo gibt’s so was noch, das ist ja sozusagen eine Mühle in Bauernhand“, betonte auch Sybille Metzler von der Oferdinger Mühle. Zu den Landwirten gebe es eine ganz enge Bindung sowie auch Mit- und Absprache.

„Dadurch können sich die Bäckereien aus der Region selbst bei Ernteausfällen auf eine gleichbleibende Qualität des Bio-Mehls verlassen“, so Illi. Über vier Etagen erstreckt sich die Mühle, auf den unterschiedlichen Stockwerken befinden sich etwa der Walzenboden, der Sichter- und der Rohrboden. Im Keller ist zudem das Werk, in dem die Motoren alles in dem Gebäude antreiben, wie Jung-Müllerin Katharina Schroer ausführte, die seit einem Jahr ausgelernt hat.

So ganz einfach sei es nicht, mit dem Mühlendasein, sagte Sybille Metzler. Die Walzen stammen aus den 1950er Jahren, das Gebäude hat mit Sicherheit einige hundert Jahre auf dem Buckel. „Das genaue Datum ist bei den zahlreichen Besitzerwechseln wohl verlorengegangen“, so Metzler. Früher wurde die Mühle wohl auch mit Wasser betrieben, wie Katharina Schroer ausführte. Vor einigen Jahrzehnten zog jedoch die Elektrizität ein – was heutzutage auch ein beträchtlicher Kostenfaktor sei.

In maximal acht Arbeitsgängen entsteht aus dem angelieferten Getreide von den Bioland-Höfen das Mehl in unterschiedlichen Typen – von 405 bis 1800. „Alles dazwischen entsteht durch die Mischung von 405 mit 1800“, so Schroer. Doch zunächst muss das Mehl gereinigt werden – und zwar in einer Vielzahl an Schritten. Im Trieur etwa werden die Körner ausgelesen, die nicht zum „Hauptgut“ gehören. „Unkrautsamen, Bruch- oder Mutterkorn, ungeschältes Getreide – alles wird rausgefiltert“, erläuterte die Müllerin. „Die Reinigung des Getreides ist entscheidend für die Qualität des Mehls.“

Auf dem Rohrboden werden weitere Reinigungsvorgänge vorgenommen, mit einem Kreissieb mit Luftabzug etwa. „Wir sind eine reine Bio-Mühle, in dem Getreide finden sich dann einfach mehr Fremdstoffe als im Getreide der konventionellen Landwirtschaft.“ Die Reinigung von Mutterkorn durch den Farbsortierer sei besonders wichtig, „weil Mutterkorn ultragiftig ist“, sagte Katharina Schroer. In diesem Sortierer sei eine Kamera drin, die die dunkleren Partikel per Druckluftdüse ausbläst. Allerdings sei Mutterkorn ein Pilz – „im Mittelalter haben schwangere Frauen mit Mutterkorn abgetrieben – daher stammt auch der Name“.

Auf dem Walzenboden mahlen Stahlwalzen die gesäuberten Körner zu Mehl, das dann zum Sichterboden hinaufgeblasen wird. In einem aufwändigen Siebverfahren werden dort die Mehle in unterschiedliche Typenklassen gesiebt. Übrig bleibt die Kleie, die vitaminreichsten Bestandteile des Getreides. Die Kleie wird wiederum oft zu Tierfutter verarbeitet. „Dann kriegen die Tiere das gesunde Korn und die Menschen das vitaminärmste“, fragte ein Besucher. „Naja, man kann ja auch Vollkornmehl nehmen – oder sich Kleie dazukaufen“, so Schroer.

Einen Laden gibt es auch bei der Oferdinger Mühle, der ist montags und mittwochs zwischen 9 und 12 Uhr sowie donnerstags von 15 bis 18 Uhr geöffnet. „Bei uns kann man nur Bio-Mehl kaufen, das aber auch in 5 oder 25 Kilogramm-Säcken – für Menschen, die ganz viel backen“, sagte Sybille Metzler. „Und wir bilden natürlich auch aus und suchen Azubis, die gerne Müller werden wollen.“

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