Mit Herzblut und Logistik

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Heinrich Barho sorgt mit 52 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern jeden Tagin in der Großküche der Bruderhaus-Diakonie dafür, dass 1800 schmackhafte Essen gekocht und in halb Baden-Württemberg verteilt werden

Leitung Service-Center Großküche.“ So lautet der Titel von Heinrich Barho. Was das bedeutet? Der gelernte Koch und Küchenmeister ist der Chef über insgesamt 52 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, darunter acht Fahrer, sechs Köche und zwei Hauswirtschaftsmeisterinnen. Hinzu kommen noch weitere 20 Beschäftigte mit Handicap, die bei der Salat- und Gemüsevorbereitung mitwirken. Und auf all seine Beschäftigten lässt der Küchenchef nichts kommen. „Ich kann mich auf sie verlassen, ich habe nur gute Mitarbeiter.“

Ansonsten wäre, so Barho, auch gar nicht möglich, jeden Tag sage und schreibe 1800 Mahlzeiten zu produzieren. „Donnerstags und freitags produzieren wir die doppelte Menge, weil am Wochenende nicht gekocht wird.“ Erleichtert wird das nicht dadurch, dass die Küche in die Jahre gekommen ist. Die Abläufe könnten deutlich effizienter gestaltet werden – wenn die Laufwege nicht so weit wären.

Erbaut wurde die Küche in den beginnenden 1990er Jahren, sie ist also über 30 Jahre alt. Erneuerungen stehen an. „Darüber wird gerade diskutiert“, sagt Heinrich Barho. Ein Teil, nämlich der Einbau einer neuen Spülmaschine wird momentan geplant, da muss auch alles stimmen: Der Abbau der alten Maschine muss exakt abgestimmt sein mit dem Einbau der neuen. Ein Rädchen muss ins andere greifen.

Genauso wie der gesamte Ablauf in so einer Großküche bis ins kleinste Detail geplant werden muss. Was dabei herauskommt, ist eine logistische Meisterleistung – von der Planung, der Bestellung durch die Altenheime, Schulen, die Einrichtungen der Bruderhaus-Diakonie bis weit in den Schwarzwald hinein bis hin zur Auslieferung. „Das Kochen ist dann oft der kleinste Teil.“  Wenn etwa eine neue Schulkantine hinzukommt, muss alles abgefragt werden – von den Essenswünschen über die Uhrzeit der Anlieferung bis hin zur Beschaffung von Geschirr und Besteck.

Die Mahlzeiten werden nach dem „cook & chill-System“ gekocht, dann auf 4 Grad heruntergekühlt und an den jeweiligen Standorten wieder auf 70 Grad erwärmt. Drei Kühl-Lkw fahren jeden Tag die Touren zu 100 unterschiedliche Ablieferstationen, insgesamt 200 Gruppen werden beliefert. Dass jede Gruppe genau das Essen bekommt, das sie bestellt hat – auch da steckt viel Logistik dahinter. Da wird mit unterschiedlichen Kennziffern, Codes und Farben der Essensbehälter gearbeitet. Natürlich müssen die Lkw auch so beladen werden, dass die Fahrer auf ihrer Tour die Mahlzeiten an den richtigen Stellen wieder abliefern. Sonderwünsche werden dabei auch erfüllt, betont Barho. Pflegeheime etwa wünschen sich das Gemüse meist weicher – weil die Senioren nicht mehr so gut beißen können. „Deshalb kommt das Gemüse für die Pflegeheime früher in den Topf.“

Unglaublich. Bei dieser riesigen Anzahl an Mengen, den Überblick nicht zu verlieren. Und dass das Essen dann auch noch schmeckt. In „Kochtöpfen“, die bis zu 300 Liter fassen. Die Logistik fängt aber bei der Bestellung der Nahrungsmittel schon an, „wir setzen auf regionale Produkte“, sagt Barho. Kartoffeln kommen von der Alb, Gemüse von den Bruderhaus-Bioland-Höfen, Fleisch und Wurst von einem Metzger in Pliezhausen. „Wir wollen unsere Küche zertifizieren lassen, damit wir das Regional-Siegel von ‚Schmeck den Süden‘ erhalten.“ Von Küchenseite würden bereits alle Voraussetzungen erfüllt, „es sind noch zwei Zulieferer, die sich auch zertifizieren lassen sollten.“

Damit nicht genug: „Die Küchenprozesse müssten immer wieder überdacht werden, ob sich irgendwas geändert hat, ob die Abläufe noch passen.“ Dabei spiele auch Nachhaltigkeit (genauso wie Qualität) eine gewichtige Rolle. „Die Qualität des Essens ist heute auch ein Entscheidungskriterium für Beschäftigte für einen Job.“

Und wie ist das, wenn zur Reutlinger Vesperkirche vier Wochen lang jeden Tag noch einmal 400 Essen zusätzlich gekocht werden müssen? Auch hier ist die Logistik, die Planung das Wichtigste. „Zwei Mitarbeiter fangen dann jeweils eine Stunde früher an“, sagt Heinrich Barho. Zusätzliches Personal gebe es für die vier Wochen aber nicht. „Die Öfen laufen dann bis 15 Uhr nonstop“, betont der Küchenmeister.  Auch dabei setzt er auf „gutes Personal, das ist wichtig und dazu gehört auch ihre hohe Zufriedenheit“. Wenn in vier Wochen bei den 10 000 Essen für die Vesperkirche keine einzige Beschwerde komme, „dann sagt das auch was über unser Personal aus“, so Barho.

Richtig schwierig werde es jedohc, wenn der Strom in der gesamten Küche ausfällt, so wie Barho das mal drei Tagen lang erlebt hat. „Wir haben trotzdem Essen rausgebracht“, sagt der Küchenchef „Für solche Fälle gibt es Notfallpläne.“ Und die Lieblingsessen all der Anlieferungsstationen? Barho muss nicht lange überlegen: „Currywurst, Linsen und Spätzle, Pommes und Spaghetti Bolognese.“ Für das schwäbische Nationalgericht brauche man an einem Tag etwa 60 Kilogramm Linsen und 100 Kilogramm Spätzle.

„Dabei müssen wir auf die Sorte Linsen achten, dass sie vom gewohnten Lieferanten kommen – andere Linsen haben nämlich andere Kocheigenschaften“, verrät der Küchenchef, der auch schon einige Stationen in Restaurants in der Schweiz und in ganz Baden-Württemberg hinter sich hat. Aber: In der Küche in der Reutlinger Oberlinstraße ist er mit Herzblut bei der Arbeit. Er wollte nicht mehr tauschen.

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