„Raus aus unserer Komfortzone“

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15. Alternativer Neujahrsempfang im franz.K wie ein großes Wiedersehensfest unter dem Motto „Frieden und gutes Leben für alle auf unserem einzigen Planeten“

„Das ist total doof für uns junge Menschen“, sagte Eva von „Fridays For Furure“ (FFF) am gestrigen Sonntag im franz.K beim 15. Reutlinger Alternativen Neujahrsempfang. „Wir können nichts für die Vergangenheit, unser aller Aufgabe ist jetzt aber, aufzustehen und nicht etwa gegen etwas zu sein, sondern für Hoffnung, für Menschlichkeit, Solidarität und für Gerechtigkeit“, so Eva, die mit viel Applaus des Publikums bedacht wurde.

Insgesamt 25 Organisationen, Institutionen, Gruppierungen, Vereine und Engagierte hatten sich im franz.K eingefunden, um über ihre Anliegen, Aufgaben und Interessen zu berichten, zu informieren und auch, um aufzurütteln. So wieEva und ihre Mitstreiterin Paula von fff: Im vergangenen April hatten die Aktiven ein Klimacamp in Reutlingen aufgebaut, sie wurden von Unbekannten mit Schreckschusspistolen angegriffen, in Angst und Schrecken versetzt. „Wir geben nicht auf, wir tun alles und strengen uns an, aber“, so sagte Paula dem größtenteils in Ehren ergrauten Publikum, „wir haben das Gefühl, dass wir nicht ernst genommen werden“.

Das nächste Ziel der jungen Kämpferinnen für mehr Klimaschutz? „Wir arbeiten an Forderungen für eine autofreie Innenstadt in Reutlingen“, so Paula. Oberbürgermeister Thomas Keck hat die Worte vernommen, er war ebenso im Publikum dabei wie der eine oder die andere Gemeinderätin. „Um es künftig einigermaßen gemütlich zu haben, müssen wir jetzt ungemütlich werden und raus aus unserer Komfortzone kommen“, hatte Eva gefordert. „Wir müssen zusammenstehen und gemeinsam an den Wandel glauben.“ Eine andere Möglichkeit gebe es nicht, angesichts des vergangenen Sommers mit Dürren, Wasserknappheit, schmelzenden Gletschern. „Wie soll es noch werden, wenn wir das Jetzt angucken“, betonte die Schülerin – und erntete tosenden Beifall.

Andere Gruppierungen wie die „Omas gegen Rechts“ oder auch ROSA engagieren sich gegen Faschismus, „das ist in Deutschland kein Problem der Vergangenheit“, betonte Melissa von ROSA (Reutlingen for Organisation, Solidarity and Action). Sie warnte nicht nur vor der AfD, sondern auch vor dem „III. Weg“, der sich als neonazistische Kleinpartei an die Spitze der Querdenker gesetzt habe. Ebenfalls auf der Bühne im franz.K vorgestellt hat sich der Arbeitskreis Flüchtlinge, der nach den Worten von Gerd Krauß mit dem „Chancen-Aufenthalts-Recht“ seit 1. Januar fast überfordert wurde, denn: Damit sollen Geflüchtete für 18 Monate  das Recht erhalten, sich nach Arbeit umzuschauen, sich zu integrieren und damit dann auch eventuell dauerhaft bleiben zu können. „Das heißt für uns aber, massenhaft Anträge zu stellen, denn die Bürokratie will gefüttert werden“, so Krauß. Für die engagierten Helfer eine große Herausforderung.

An den Ständen im hinteren Teil des franz.K-Veranstaltungsraums präsentierten sich all die Gruppierungen, die Engagierten kamen ins Gespräch mit anderen Aktiven, für viele fühlte es sich offensichtlich so an, wie ein großes Wiedersehensfest. Immerhin hatten sich alle seit zwei Jahren nicht mehr in Präsenz gesehen. Auf der Bühne stellte sich mit Paul Sieger zuletzt der FCKE vor, der Fanclub Kollektives Eigenheim: Zusammen mit dem Mietshäuser-Syndikat entwickelt der Fanclub die Sanierung und Neubebauung mit einem Holzhaus in der Kaiserstraße 39. Platz für 30 Menschen soll in den beiden Häusern entstehen, zu einem günstigen Mietpreis. Rund 5,5 Millionen Euro werden laut Siegel die Häuser kosten – Investoren und Interessierte seien weiter gesucht.

Musikalisch begleitet wurde der 15. Alternative Neujahrsempfang von Hans Eitle mit sozial- und systemkritischen Liedern. Ines Fischer spielte auf dem Klavier, die Stelle der Asylpfarrerin ist bis zum Juni befristet. Gerd Krauß hatte die Hoffnung geäußert, dass die evangelische Kirche auch weiter die Asylarbeit in der Region unterstützen wird. Fischer stimmte „Imagine“ von John Lennon an. Ebenso wie „We shall overcome“ – beides Aufforderungen, nicht aufzugeben, durchzuhalten. Das Publikum im Saal sang geschlossen mit.

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