Alle können voneinander lernen

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Pädagogin und Philosophin Saron Cabero und Musikpädagoge Cristobal Araya berichteten auf Einladung von Klima-Aktiv Reutlingen und Citykirche über ihre indigenen Wurzeln

Eine ungewöhnliche Veranstaltung an einem ungewöhnlichen Ort: Im Ganztagesgebäude der Reutlinger Eichendorff-Realschule trafen sich rund 20 Personen auf Einladung der Citykirche und von Klima-Aktiv, um mehr über Süd- und Mittelamerika zu erfahren. Der Kontinent heißt nach den Ausführungen von Saron Cabero im Übrigen in Kechua, einer indigenen Sprache, Abaya Yala. Realschullehrer Arnim Emmert von Klima-Aktiv hatte Cabero bei einem Wochenendseminar kennengelernt – sie stammt aus Bolivien, hat dort Pädagogik studiert, kam nach Tübingen und nahm dort die Studien der Philosophie, Spanisch und Portugiesisch auf. Nun arbeitet sie als Projektkoordinatorin beim Reutlinger Entwicklungspädagogischen Informationszentrum (Epiz).

Zusammen mit dem Musikpädagogen Cristobal Araya aus Chile lud Cabero am Dienstagabend zu einer „Reise mit all unseren Sinnen“ ein und vermittelte den rund 20 Interessierten deutliche Unterschiede zwischen der indigenen und europäischen Kultur, bei Indigenen heiße es: „Alle Dinge sind miteinander verbunden, die Erde ist unsere Mutter“, zitierte Cabero aus der Rede des Häuptlings Seattle aus dem Jahr 1854. „Was der Erde widerfährt, widerfährt auch den Kindern der Erde.“ Damit werde verdeutlicht: „Wer auf die Erde spuckt, spuckt auf sich selbst.“

Die deutlich tiefere und engere Verbindung der indigenen Kultur mit der Natur, mit „Mutter Erde“, zeige sich auch darin: Es gebe kein Wort für wirtschaftliche Entwicklung in der Kechua-Sprache. Während in den Industrieländern wirtschaftliche Entwicklung meist mit Fortschritt und Wachstum verbunden sei, „sehen indigene Völker solch eine Entwicklung nur negativ – weil Rohstoffe verbraucht und Natur belastet werden“. Es gebe viele Unterschiede zwischen indigenen und europäischen Völkern – „das eine ist aber nicht besser als das andere, alle könnten viel voneinander lernen“, betonte Saron Cabero. Aufpassen sollte man jedoch bei den Begriffen „helfen und unterstützen“ – weil „helfen“ eine Haltung zeige, dass der Helfende weiß, was gut für den anderen Menschen ist. Menschen zu unterstützen bedeute hingegen, dass die Empfänger selbst wissen, was sie brauchen.

In der indigenen Kultur gebe es drei Grundprinzipien, erläuterten Cabero und Araya: Ayllu sei das Synonym für ein Kollektiv, „zehn oder fünfzehn Familien leben zusammen“. In einem Dorf etwa. In einem Verein. Grundsätzliches Merkmal sei „die Verbundenheit zwischen allen, von Mensch zu Mensch, Mensch zu Natur und Mensch zu Geist“. Zweites Prinzip: „Ayni – das Zusammensein von zwei bis vier Ayllu, die sich gegenseitig unterstützen, mit den jeweiligen Begabungen der einzelnen Personen. Und das letzte Prinzip: Pacha. Zeit und Raum spielen keine Rolle. „Es geht um das Leben im Hier und Jetzt“, so Cabero. Wenn jemand frage, wann sie sich treffen sollen, sage ein Indigener oft: „Pacha.“ Man wird sehen. Es wird sich ergeben.

Wichtiger Bestandteil von Ayni: Zusammen feiern, tanzen, singen und sprechen. Ohne Noten, mit oder ohne Text, improvisiert, aber immer zusammen. Im Takt klatschen, summen, singen, mit Rhythmusinstrumenten musizieren. Ein ungewöhnliches Experiment, auf das sich die Interessierten da am Mittwochabend eingelassen haben. „Anstrengend war das“, sagten einige. Anstrengend nach einem langen Arbeitstag. Mitgenommen haben die Besucher dieses ungewöhnlichen Abends aber einiges. Das Bewusstsein, dass vor Jahrhunderten schon viel Wissen vorhanden war, das den heutigen Kulturen abhandengekommen ist. Wie etwa: „Wenn das Wasser, das ich trinke, verdirbt, verderbe auch ich.“ Oder: „Wenn die Luft, die ich atme, verdirbt, dann verdirbt alles“, so die bolivianische Pädagogin und der chilenische Musiker. Und noch wichtiger: „Veränderungen in der Gesellschaft gibt es nur gemeinsam“, sagte Saron Cabero. Und zum Schluss: „In Kechua gibt es kein Wort für ‚Auf Wiedersehen‘, man sagt ‚Bis das Leben uns zusammenbringt‘.“

INFO:

Infos zu dem „losen Zusammenschluss“ von Klima-Aktiv Reutlingen

Wer sich für Klima-Aktiv interessiert, sich dort einbringen will, kann nicht zu wöchentlichen oder monatlichen Treffen kommen. „Wer eine Idee für eine thematische Veranstaltung hat, kann sie in die Runde geben und wird Unterstützung finden“, sagte Susann. Mehr Informationen zu dem „losen Zusammenschluss“ gibt es unter der Email-Adresse .

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