Willkommen auf der Fußmatte

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Ist eigentlich schon mal jemandem aufgefallen, an wie vielen Türen, auf wie vielen Fußmatten oder Türschildchen geschrieben steht: „Willkommen“ oder sogar „Herzlich willkommen“? Und das selbst bei Menschen, die immer ganz grimmig gucken und die auf jeden Fall nach einem nicht aussehen: Nämlich danach, dass sie andere Menschen in ihrem Zuhause „Willkommen“ heißen könnten.

Auf meinem Weg in die Stadt drängte sich mir vor kurzem angesichts der Vielzahl an „Willkommen“s-Grüßen die Frage auf: „Meinen die das wirklich ernst?“ Hm. Was wäre denn, wenn ich bei den Leuten klingeln würde. Sie würden mich bestimmt erwartungsvoll anschauen, ich könnte ja ein neuer Paketbote sein. Ich aber würde sagen: „Hallo, ich finde es sehr schön, dass ich bei Ihnen willkommen bin.“ Und dann würde ich warten. Einfach mal sehen, wie die Haus- oder Wohnungsbewohner reagieren. Vielleicht würde ja tatsächlich jemand sagen: „Ach wie schön, kommen Sie doch rein. Möchten Sie einen Kaffee? Oder Tee? Möchten Sie sich bei uns aufwärmen? Es ist ja so kalt draußen. Schauen Sie, hier geht’s zum Wohnzimmer. Frank, Kevin, Anna – kommt mal, wir haben Besuch.“ Wäre so ein Empfang nicht wirklich schön?

Alles andere wollte ich mir gar nicht ausmalen. Von den Fragen, ob ich mich in der Tür geirrt habe, bis zu Tür-vor-der-Nase-zuknallen oder gar der Drohung, mich zu verprügeln oder die Polizei zu rufen – wäre ja alles möglich. Dabei hätte ich doch nur gesagt, dass ich es schön finde, willkommen zu sein. Womöglich würde jemand sagen, dass damit nicht ich gemeint sei. Weil, weil, weil … ja warum denn? Weil sie mich doch gar nicht kennen? „Ja“, würde ich sagen. „Grundsätzlich könnten ja alle möglichen Typen kommen und wollten willkommen geheißen werden. All die armen Menschen, die kein Zuhause haben, Flüchtlinge, Kranke, Einsame. Aber: Wäre das nicht wunderbar, wenn ihr gerade die willkommen heißen würdet?“

Wahrscheinlich würden die Menschen, bei denen ich geklingelt hatte, das nicht lustig finden. Ich aber würde fortfahren: „Ach, das Willkommen gilt nur für die Leute, die Sie kennen? Aber, warum steht dann so ganz allgemein ein ‚Willkommen‘ auf Ihrer Fußmatte? Da muss sich doch jeder angesprochen fühlen. Auf Ihrer Fußmatte müsste hingegen stehen: ‚Willkommen sind nur die Leute, die wir kennen. Alle anderen sollen gefälligst da bleiben, wo sie hingehören.‘“ Was? Ach, das wäre viel zu viel Text für eine Fußmatte? Okay. Mag sein. Ein anderer Vorschlag: Sie kaufen sich eine Fußmatte auf der steht: „Herzlich willkommen sind alle – bis auf … (Liste siehe unter der Fußmatte).“ In die Liste könnten Sie dann alle eintragen, die Sie nicht im Haus haben wollen. Namentlich. Norbert Leister etwa. Oder auch gruppenweise: Betrunkene. Unfreundliche. Nachbarn.

Ein kleiner, gutgemeinter Rat zum Schluss: Bitte denken Sie dran, Ihren Ersatzschlüssel künftig nicht mehr unter die Fußmatte zu legen. Sonst könnte ja irgendjemand, der nachschauen wollte, ob er zu den „Willkommenen“ gehört oder nicht … na ja, da könnte man doch vielleicht auf die Idee kommen, dass man doch willkommen wäre. Denn, wenn da der Schlüssel liegen würde, dann hieße das doch eigentlich … Also: Vorsicht. … Aber: Vielleicht kaufen Sie sich auch eine ganz neutrale Fußmatte. Am besten kackbraun. Auf der gar nichts drauf steht. Oder maximal ein grimmiges Gesicht abgebildet ist. Ich verspreche Ihnen hoch und heilig: Ich werde dann nicht bei Ihnen klingeln.

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