Armut, Klimagipfel und Modelleisenbahn – 44. Woche 2022

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Arbeit ohne Ende. Eigentlich waren ja Herbstferien, das habe ich aber erst am Ende der Woche, also heute, am Samstag erfahren. Sonst ergibt sich bei mir in den Ferien immer ein wenig mehr Ruhe. Nicht ganz so viele Aufträge. Dieses Mal, keine Spur davon.

Naja. Dafür hat Tübingen beziehungsweise die Tübinger Redaktion mich entdeckt. Und ich entdecke gerade Tübingen. Das ist nett. Mal wieder was Neues. Am kommenden Dienstag soll ich ins Arbeitsgericht – Boris Palmer ist angeklagt, weil eine vermeintliche ehemalige Freundin von ihm bei der Besetzung einer Sekretärinnen-Stelle nicht berücksichtigt wurde. Das Medieninteresse sei groß, heißt es schon im Vorfeld. „Das ist doch Boulevard-Journalismus“, habe ich gesagt. Bild der Frau- oder Frau im Spiegel-Niveau oder wie das heißt. Mal sehen, was die Verhandlung ergibt.

Sonstige Highlights? Meine Termine in der vergangenen Woche bildeten die ganze Breite der gesellschaftlichen Entwicklungen ab: IG Metall warnstreikt gerade, es geht um Tarifverhandlungen, die Gewerkschaft fordert 8 Prozent, zumindest annähernd einen Inflationsausgleich, die Arbeitgeber wollen 3000 Euro einmalig zahlen. Viel zu wenig, sagt die IGM. Anderer Termin in dieser Woche: In einer freien Autowerkstatt erzählte mir der Geschäftsführer, dass die Hinwendung zu Elektroautos überhaupt nicht durchdacht sei. Warum? „Überlegen Sie doch mal, wo soll denn der ganze Strom herkommen? Und wenn in Ihrer Straße alle E-Autos haben und die wollen alle gleichzeitig nachts Strom ziehen – was glauben Sie, was dann passiert?“ Mittwochabend: Bezirksgemeinderat Bronnweiler – dort waren sie alle entsetzt, dass der Ort im kommenden Haushalt der Stadt Reutlingen mit Nullkommanichts erwähnt wird. Die Stadt muss sparen, aber gar kein Hochwasserschutz, nichts für die Feuerwehr und gar nichts für die Hallensanierung in Bronnweiler? Die Räte waren stinkesauer. „Das trifft mich bis ins Mark“, sagte die Bezirksbürgermeisterin. Am Donnerstag war ich beim Tübinger Arbeitslosen-Treff – die rapide steigenden Energiekosten treffen gerade Menschen am unteren Rand der Geldskala dramatisch. Dazu ein sehr guter Artikel im Spiegel: https://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/steigende-inflation-die-frau-hinter-ichbinarmutsbetroffen-a-041732b6-bd1d-41b0-8aa0-94172770744a. Am Freitag dann Firma Morgenstern – die hat sich Knowhow und Fachpersonal eingekauft, von einer kleinen Firma im Schwarzwald einen Teilbereich übernommen, sechs Leute. „Hochkaräter“, sagte Robin Morgenstern. Denn: Fachkräfte zu kriegen sei auch im IT-Bereich ein Riesenproblem. In allen Branchen das Gleiche.

Und sonst? In der Ukraine haben 4,5 Millionen Menschen weder Strom, noch Gas, Frieren. Was für ein Wahnsinn. Putin hat alles zerbombt. Drecksack. Weitere Katastrophen? Klimagipfel in Ägypten, die 1,5 Grad-Erhöhung sei nicht mehr zu erreichen, heißt es im Vorfeld schon. Hat noch irgendjemand daran geglaubt? Weitere Katastrophen? Olaf Scholz reist nach China – warum? Mit einer Wirtschaftsdelegation. Ach so. Gut Wetter machen? Die Abhängigkeit von China noch weiter verfestigen? Ich weiß es nicht. Elon Musk schmeißt die Hälfte des Personals von Twitter raus. Der Iran gibt zu, Drohnen an Russland geliefert zu haben. Ganz toll. Im Iran gehen die Demonstrationen gegen die regierenden Mullahs weiter. Midterm-Election in den USA. Aussichten? Düster. Mehr nächste Woche.

Der Lichtblick der Woche? Der Herbst bietet immer noch wunderschöne Farben. Augen auf und rein in die Wälder. Nett heute, am Sonntag: In der Betzinger Zehntscheuer Modelleisenbahnausstellung. Viele ältere Männer, die mit leuchtenden Augen im Kreis fahrenden Zügen hinterherschauen. Dafür in unserer Wohnung: 18 Grad. Schon sehr frisch. Aber irgendwie gewöhnt man sich auch dran. Auf jeden Fall tausendmal besser als in der Ukraine ganz ohne Strom, Heizung und womöglich sogar ohne Wasser zu sein. Und noch mit der Bedrohung von Bomben und Raketen im Nacken.

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