Zur richtigen Zeit am richtigen Ort

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Pfarrer Christoph Zügel wird nach 22 Jahren in Betzingen am Sonntag in einem Festgottesdienst aus seinem Amt verabschiedet. Seine Maxime hieß immer: Global denken, lokal handeln

„Meine Gabe ist, die Gaben von anderen Menschen zu fördern und zusammenzuführen“, sagt Christoph Zügel. Den Krankenpflegeverein hat er modernisiert, einen Mittagstisch eingeführt, einen Seniorennachmittag, Seniorenpaten gesucht und gefunden. Und vieles, vieles mehr hat Zügel in Betzingen bewegt. Bis zum 31. Oktober ist er ganz offiziell noch Pfarrer der Mauritiuskirchengemeinde. Am kommenden Sonntag aber wird er in einem Festgottesdienst verabschiedet und entpflichtet. Ganze 22 Jahre lang war Zügel Pfarrer in Betzingen. Der Abschied von all den Menschen fällt ihm nicht leicht. Und dennoch steht der Ruhestand auch für ihn nun vor der Tür.

Allerdings ist ihm nicht bange vor der Zeit nach seinem Ausscheiden aus dem Berufsleben. Schließlich habe Zügel sein Leben lang versucht, die Zukunft zu gestalten: „Meine Arbeit hier ist ja doch meist von morgens bis abends völlig durchgetaktet.“ Ein Termin jage den anderen. Auch deshalb freue sich Christoph Zügel auf den Ruhestand. Auf „das Gütle“, das er gepachtet hat. „Ich hatte schon immer einen Garten, das werde ich jetzt intensivieren.“ Mit seiner Frau ist er bereits nach Pliezhausen umgezogen. In eine Wohnung mitten im Ort. „Das passt“, sagt er. Den ein oder anderen Kontakt hat er dort bereits geknüpft.

Skandinavien will er mit seiner Frau mit einem Wohnmobil erkunden. „Und ich werde auch weiter in der Notfallseelsorge tätig sein“, betont der Pfarrer, der stets die Weite im Blick hatte. Sein Motiv hieß schon immer: „Think global, act local.“ Global denken, lokal handeln. Gelernt hatte er das wohl schon als Kind, da verbrachte er einige Jahre in den USA. 1968, zu der Zeit als Martin Luther King dort wirkte und ermordet wurde, war die Familie Zügel in Nordamerika. „Ich kam dort in die Schule, konnte die Sprache nicht, aber nach sechs Wochen hatte ich das Gefühl, dass ich einiges verstehe“, erinnert sich Zügel heute.

Geboren wurde er 1956 in Stuttgart, mit sieben Jahren ging er mit seinen Eltern und den Geschwistern in die Vereinigten Staaten. „Der Vater war Chemiker bei IBM.“ Ein paar Jahre blieb die Familie, als sie zurückkam, wurde Dettenhausen ihre neue Heimat. Christoph Zügel engagierte sich in der Kinderkirche, war bei den Pfadfindern. „Dort habe ich auch das Abitur gemacht.“ Ihm sei bald klar gewesen, dass er Theologie studieren wollte. „Nach dem vierten Semester wusste ich: Ich will Pfarrer in Württemberg werden, ging aber dann für vier Jahre nach Hamburg.“ Warum Hamburg? Die Weite hatte ihn gereizt, der Hafen, Dorothee Sölle, die dort lehrte. Christoph Zügel lernte in Hamburg seine Frau kennen. Gemeinsam verließen sie die Weltstadt, in Neustadt ob Eck trat er seine erste Pfarrstelle an. „Neun Jahre war ich dort.“ Im Jahr 2000 schließlich kam er zusammen mit seiner Frau nach Betzingen. Dort wurde auch ihr gemeinsamer Sohn geboren. „Das Spannungsverhältnis zwischen Betzingen als Dorf und der Großstadt hat mich gereizt.“ Aber auch, dass er im Team arbeiten konnte.

Ein „Vereinsmeier“ sei er nie gewesen, in zahlreichen Gremien war er aber doch aktiv: Er ist noch Vorstand der Diakoniestation, hat sich ins Betzinger Vereinskartell eingebracht, war beim Förderverein Ortskern Betzingen dabei, ist Gesellschafter der Reutlinger Citykirche und noch manches mehr. Christoph Zügel wollte nie einfach nur zuschauen, wie Dinge sich entwickeln. Christof Zügel wollte mitgestalten. So auch bei der Fusion der beiden Kirchengemeinden der Mauritius- und der Christuskirche. „Die Pfarrstellen hier in Betzingen sollten von zwei auf 1,5 gekürzt werden.“ Der Pfarrer stellte sich die Frage, wie die Arbeit künftig weiter erledigt werden konnte – da kam die Zusammenlegung der beiden Kirchengemeinden ins Spiel. Zügel hat sie vorangetrieben. Engagiert hat sich der Pfarrer aber auch in der Flüchtlingsarbeit, dabei hält er es mit dem einstigen Gesundheitsminister Nobbi Blüm, der gesagt hat: „Mit welchem Recht verweigern wir Flüchtlingen, hier eine Heimat zu finden.“

Auch, wenn es aufgrund des vielfältigen Engagements von Zügel nicht unbedingt so wirke: „Gottesdienste und Seelsorge waren mir immer sehr wichtig.“ Sein Fazit kurz vor dem Ruhestand fällt durchweg positiv aus: „Pfarrer war genau der richtige Beruf für mich“, sagt Zügel. „Rückblickend bin ich zufrieden“ – und das auch noch verbunden „mit dem guten Gefühl, zur richtigen Zeit am richtigen Ort gewesen zu sein und die richtigen Leute getroffen zu haben“. Dennoch sei es jetzt nicht einfach, zu gehen. Weil ihm die Menschen in Betzingen innerhalb von 22 Jahren sehr ans Herz gewachsen sind.

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