Investitionen in Integration dringend vonnöten

0

Kürzung der Stellen in der Migrationsberatung wurde quasi in letzter Minute abgewendet, inklusive leichter Erhöhung. Aber: Stellen der Beratung für Ukrainer bisher für kommendes Jahr nicht weiterfinanziert

„Jeder Euro, der nicht in die Migrationsberatung investiert wird, kommt bei Wahlen rechten Parteien zugute“, mahnte Migrationsberater Gert Aigeltinger von der Caritas am gestrigen Dienstag beim Pressegespräch. Als Beispiele führte er Italien und Schweden an, bei denen es zu einem massiven Rechtsruck kam. „Wir brauchen extreme Investitionen, damit Integration bei uns gelingen kann.“ Anlass für das Gespräch gestern war die zunächst im Haushaltsentwurf der Ampel-Regierung in Berlin vorgesehene 25prozentige Kürzung der Mittel für die Migrationsberatung. „Wir Grünen waren entsetzt, als wir das gesehen haben“, betonte Beate Müller-Gemmeke. Letztendlich sei jedoch erreicht worden, dass „der Haushaltsausschuss die Arbeit der Migrationsberatung sehr wohl wahrgenommen hat und auch sagt, dass der Bereich nicht ausfinanziert ist“, so die Grünen-Bundestagsabgeordnete.

Bis Ende dieses Jahres habe der Haushaltsausschuss verfügt: Das Bundesinnenministerium muss Vorschläge erarbeiten, wie die Beratung von Migranten weiter finanziert werden soll. „Das macht mir Hoffnung, dass es noch zu Veränderungen kommt“, so Müller-Gemmeke. „Ich finde Ihre Arbeit, die hier geleistet wird, auf jeden Fall sehr wichtig“, betonte die Grüne. CDU-Bundestagsabgeordnete Michael Donth nahm gestern ebenfalls an der Runde teil: „Jetzt ist das Geld für die Rücknahme der Kürzungen zusammengekratzt worden, die Frage ist aber nicht geklärt, ob das auf Dauer sein wird oder nur für das kommende Jahr.“

Immerhin: „Das Schlimmste ist gerade noch verhindert worden“, hatte Dr. Joachim Rückle als Geschäftsführer des Reutlinger Diakonieverbands gestern beim Pressegespräch zur Weiterfinanzierung der Migrationsberatung ausgeführt. Im Vergleich zum vergangenen Jahr sei quasi in letzter Minute mit 24 Millionen Euro sogar ein leichtes Plus verkündet worden – „was ja schon mal erfreulich ist“, so Rückle. Aber: Die Weiterfinanzierung der Beratung speziell für Ukrainer falle nicht darunter. Wie es damit 2023 weitergehen wird, weiß auch Lisa Kappes-Sassano als Geschäftsführerin der Caritas Fils-Neckar-Alb nicht. Hinzu komme das generelle Problem der fehlenden Sozialarbeiterinnen und auch der fehlenden Planbarkeit: „Ich finde keine Mitarbeiter für eine 30-Prozentstelle befristet auf ein Jahr.“ Das hob auch Rückle hervor: „Die Kurzläufigkeit von Arbeitsverträgen ist totales Gift, da wird ein Arbeitsbereich total kaputtgemacht.“

Ein großer Knackpunkt bei der Integration von Migranten ist laut Migrationsberaterin Anna Schmierer: „Immer noch werden gut integrierte Menschen abgeschoben.“ Müller-Gemmeke bezeichnete das als „schlichtweg falsch“, sie habe sich bei Winfried Kretschmann persönlich darüber beschwert. Doch Schmierer hatte noch stärkeren Tobak zu bieten: „Es ist unglaublich, was in Deutschland für mörderische Arbeitsbedingungen gerade in der Zeitarbeit möglich sind.“ Das Problem müsse dringend angegangen werden, forderte sie.

Tetyana Pikulska ist ebenfalls Migrationsberaterin, speziell für Ukrainer: „Die allermeisten Leute, die kommen, wollen arbeiten, wir müssen sie aber oftmals bremsen und sagen – sie müssten zuerst Deutsch lernen.“ Sonst hätten sie keine langfristige Chance auf einen Arbeitsplatz. Christa Herter-Dank ist für Migrationsberatung im ländlichen Raum zuständig – dort bestünden durchaus Chancen. Weil dort noch mehr Wohnraum zu finden und der persönliche Kontakt besser sei. Herter-Dank sei jedoch auch aufgefallen, dass sehr viele Frauen aus der Ukraine „hochgradig traumatisiert sind“ und dass Rassismus gegenüber Roma-Familien unter den Flüchtlingen ein Thema ist.

Share.

Comments are closed.