Reutlinger Weinfest: Verhalten optimistisch

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Weindorfwirte mit den ersten Tagen eingeschränkt zufrieden – Gute Stimmung unter den Gästen am Samstagabend

Stimmungsmusik, Mitklatschen, Mitsingen, viele Lauben sehr gut besetzt, an vielen Tischen waren aber auch noch einige Plätze frei. Auf der einen Seite des Weibermarkts drängten sich die Weindorfbesucher an den Lauben vorbei, auf der anderen Seite konnten hingegen die Gäste fast ungestreift durchlaufen. Vor der Marienkirche gab es hingegen fast kein Durchkommen. Seltsam. So unterschiedlich sich der Besucherandrang rund um Reutlingens Stadtkirche verteilte, so gemischt waren die Gefühle der Weindorf-Wirte. „Ich bin zufrieden, aber wir hatten deutlich weniger Reservierungen als in den Jahren vor Corona“, sagte etwa Tim Wetzel vom Metzinger Schwanen, der sich schon seit vielen Jahren zusammen mit dem Stauseehotel die Präsenz beim Weindorf teilt.

Der Donnerstagabend war nach den Worten von Weindorf-Chefin Regine Vohrer „ein ganz normaler Eröffnungsabend“. Der Freitagabend hingegen präsentierte sich völlig verregnet, „da waren die Lauben zwar voll, aber draußen konnte sich ja niemand aufhalten, schon gar nicht sitzen“, so Vohrer. Und der Samstag? „Wir haben um 15 Uhr mit dem Aufbau begonnen, da hat es noch geschüttet“, sagte Tim Wetzel. Um 17 Uhr zum Start des Betriebs war es dann trocken und der Abend „war perfekt“, so Wetzel, der die Geschäftsleitung des Schwanen vor zwei Jahren von seinem Vater übernommen hatte.

Warum am ersten Wochenende weniger Gäste reserviert hatten? Ob es an Corona lag? „Nein, das glaube ich nicht, die Leute sind happy und fröhlich“, sagte Wetzel. Bedenken aufgrund des Virus habe er nicht registriert. Im Gegenteil: Viele hätten die Ablenkung gesucht. „Vielleicht müssen einige ja doch sparen“, mutmaßte Regine Vohrer. Dabei seien die Preiserhöhungen beim Weindorf „moderat“, wie die Wirtin und der Wirt betonten. Das 0,2-Liter-Glas Wein koste 5,90 Euro, eine Absprache unter den Laubenwirten habe es aber nicht gegeben. „Nur, dass wir alle die gleiche Glasgröße nehmen – und dass der günstigste Wein 5,90 kostet“, so Vohrer. „Insgesamt haben wir die Preise um 10 bis 18 Prozent erhöht.“ Allerdings seien die Unkosten auch rapide angestiegen: Gema-Gebühren für alle Lauben von 8000 Euro, dazu Strom, Wasser, Security-Nachtdienst, Handwerker, Müllabfuhr – alles will und muss bezahlt sein.

Und natürlich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – ausgebildetes Fachpersonal sei so gut wie gar nicht zu finden. „Aber wir stemmen das“, waren sich Vohrer und Wetzel einig. Freunde, Bekannte, Nachbarn, selbst Verwandte, die Familie wurden gefragt. Irgendwie schaffen es die sechs Gastronomen für die zwei Wochen Weindorf das Personal zu stellen – „auch wenn das alles andere als leicht ist“, so Regine Vohrer. „Wir haben einige, die hier bedienen und sonst in anderen Berufen arbeiten“, sagte Wetzel. „Die nehmen dann zwei Tage Urlaub und helfen hier“, Aber: Die Lohnforderungen seien schon auch deutlich gestiegen. Mit Mindestlohn gebe sich niemand zufrieden, sagte Tim Wetzel.

Für die Preisgestaltung beim Weindorf müsse gelten: „Die Preise dürfen kein Wucher sein – aber die Gäste müssen auch verstehen, dass wir hier die ganze Infrastruktur stellen, sie kaufen ja nicht nur den Kartoffelsalat, sondern alles, was wir mit den Lauben, dem Personal und allem Drumherum zur Verfügung stellen“, sagt Tim Wetzel, der sich zeigt trotz aller Widrigkeiten gut gelaunt zeigte. „Wir machen das ja gerne für unsere Gäste“, betonte der Profi-Gastronom. „Aber wenn es beim Weindorf zehn Tage regnen würde, wäre das eine Katastrophe – weil wir natürlich auf die Besucher angewiesen sind, um die Unkosten überhaupt decken zu können“, so Wetzel.

Die Vereinbarung, sonntags und montags das Weindorf nicht zu öffnen, sei mit dem Neuanfang in diesem Jahr vereinbart worden. „Gerade sonntags mussten wir immer das volle Personal stellen, aber nach dem Mittagessen kam ja so gut wie niemand mehr“, erinnerte sich Vohrer. Während die Besucherzahl am Samstagabend gegen 22 Uhr seinem Höhepunkt zustrebte, das Wetter trocken blieb, die Stimmung in den Lauben immer feuchtfröhlicher wurde, schauten die Weindorfwirte verhalten optimistisch auf die kommenden Tage. Eines müsse auf jeden Fall einigermaßen passen – das Wetter. Dann kommen auch die Gäste. Hoffen die Wirtinnen und Wirte.

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