Ansingen und Anspielen gegen den Krieg

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Sehr berührend und erschreckend zugleich erwies sich am Dienstagabend, 8. März, im Reutlinger Theater „Die Tonne“ (in Kooperation mit dem franz. K) an einem bemerkenswerten Benefizabend das Zusammenspiel des Geigenspiels von Dessislava Stoyanova als Mitglied der Württembergischen Philharmonie und die Fotos von Markus Brandstetter von der polnisch/ukrainischen Grenze. Als Kopf der Reutlinger Hilfsorganisation 3 Musketiere ist er seit 1,5 Wochen dort und immer wieder auch in Lwiw (dem ehemaligen Lemberg). Vor Ort versucht Brandstetter, den Flüchtlingen aus den ausgebombten Städten in der Ukraine Hilfe zu leisten.

„Die Künstler des heutigen Abends treten ohne Gage auf, die Spenden gehen allesamt an die 3 Musketiere“, hatte Moderator Heiner Kondschak zu Beginn der Veranstaltung betont. Ein wenig korrigierte das Betül Tumak als Gründungsmitglied der 3 Musketiere: „Das Geld geht nicht an uns, sondern an die Menschen, die an der polnischen Grenze gerade extreme Not leiden.“ Tumak erläuterte vor rund 120 Zuschauern, welche Aktionen die Musketiere seit ihrer Gründung im Jahr 2016 angepackt haben – und ging auch auf die Frage ein, ob all die Flüchtlingshilfe nicht der berühmte Tropfen auf den heißen Stein sei. „Wenn wir vor Ort in den Flüchtlingslagern die Freude der notleidenden Menschen über unsere Hilfe sehen, dann lohnt sich das Engagement auf jeden Fall.“ Und was vielleicht noch wichtiger sei: Die Menschen fühlen sich nicht vergessen.

Was speziell in der Ukraine und an der Grenze gebraucht werde? „Schusssichere Westen und Blutkonserven“, sagte Tumak. Kleidung hingegen werde nicht mehr gebraucht, die Lager an der Grenze seien rappelvoll, „die Menschen benötigen dringend Essen, Stirnlampen, Batterien“. Brandstetter arbeite gerade daran, mit einer Partnerorganisation zwei Zelte zu installieren – eines, in dem ständig gekocht wird und ein anderes mit Ärzten, die medizinische Hilfe leisten. Am vergangenen Wochenende hatten die Musketiere in Reutlingen zwei Tage Spenden gesammelt – und zwar so viele, dass laut Betül Tumak anstatt eines geplanten 7,5-Tonners über Kontakte mit der Stadt ein 40-Tonner auf die Fahrt zur polnischen Grenze gehen wird.

Doch der Benefizabend brachte noch viel mehr als Informationen – Emotionen etwa: Bei Friedensliedern wie „Es ist an der Zeit“ von Hannes Wader, vorgetragen von David Liske aus dem Tonne-Ensemble und Kondschak. Oder das italienische „Bella Ciao“ dargeboten von Ora Luce. Sehr beeindruckend auch die musikalischen Beiträge der Sopranistin Ulrike Härter sowie von den Tonne-Schauspielern Seyyah Inal und Santiago Österle. Nachdenklich, aber ohne direkten Bezug zum Krieg präsentierten die Poetry-Slammer Hank M. Flemming und Joe Weiß ihre beeindruckenden Werke „Stilles Mädchen“ und „Die Stimme in deinem Kopf“. Oder auch der Schauspieler Irfan Kars, der einen Auszug aus seinem Stück „Die heimatlose Wahrheit“ vorstellte. Dazu noch das Tonne-Ensemble, das mit einem Auszug aus dem Stück „Respekt“ glänzte.

Aber: Nicht alles war zutiefst ernst an diesem besonderen Abend, so mancher Lacher durfte und sollte sein. Hintergrund und Ziel der Veranstaltung war jedoch, Spenden zu sammeln. Für die Flüchtlinge aus der Ukraine, denen die 3 Musketiere helfen. Insgesamt 3500 Euro kamen zusammen – ein gutes und Mut machendes Ergebnis, wie Tonne-Verwaltungsleiter Matthias Schmied am Dienstagabend betonte. „Das wird wohl nicht die letzte Benefiz-Veranstaltung gewesen sein“, so Schmied. Den Abend beschlossen hatten erneut Heiner Kondschak zusammen mit David Liske: Sie sangen Konstantin Weckers „Ich hab einen Traum“. Eine Vision. Ein Wunsch. „Es ist eine grenzenlose Welt, in der ich leben will“, hieß es darin.

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