Palliativstation – Die Uhren ticken hier anders

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Palliativstation in der Klinik am Steinenberg bietet acht Betten, um Menschen mit unheilbaren Krankheiten und den dementsprechenden Symptomen mit allen verfügbaren Methoden zu helfen

„Die Palliativstation hier in der Klinik muss keineswegs die Endstation für die Patienten sein“, betont Dr. Thomas Trauschke. Zwar sei Voraussetzung für die Aufnahme in eines der acht Betten der Station, dass die Menschen eine unheilbare Erkrankung haben. Aber: Viele der Patienten verlassen die Abteilung wieder, können zurück nach Hause, in eine Pflegeeinrichtung oder auch in ein Hospiz. „Durchschnittlich bleiben sie bei uns eine Woche“, so Trauschke, der die Palliativstation im Klinikum am Steinenberg leitet. Zwischen nicht einmal einem Tag und drei Wochen sei alles dabei.

Die Patienten auf der Station wechseln entweder aus der Klinik selbst, werden von Hausärzten oder anderen Kliniken überwiesen, ganz selten kommen sie auch aus dem Hospiz Veronika in Eningen. Die Aufnahme der schwerstkranken Menschen sei nicht immer ganz einfach, betont auch Andrea Schmidt. Als Leiterin der Brückenpflege ist sie auch für das Personal der Palliativstation verantwortlich. Viele Patienten hätten die Vorstellung, dass ihr Leben vorbei sei, wenn sie auf diese besondere Station eingewiesen werden. „Das stimmt aber nicht“, betont Trauschke. Mit allen verfügbaren Therapien und Methoden werde versucht, die Menschen wieder zu mobilisieren, ihnen die Schmerzen, die Angst zu nehmen. Nicht immer sei es möglich, Schmerzfreiheit zu erreichen, „das kommt immer drauf an, ob die Patienten ein gewisses Maß an Schmerzen aushalten oder lieber schlafen können und wollen“, so der Arzt. Individuell sei das völlig unterschiedlich.

„Interdisziplinär“ ist der Ansatz auf der Palliativstation. Und das bedeutet, dass neben den Ärztinnen, Krankenschwestern, Pflegern auch Physiotherapeuten, Psychoonkologinnen, Seelsorge, Musik- und Maltherapie mit dabei ist. Jeden Morgen bei der Visite sind laut Trauschke alle Disziplinen vertreten. „Wir versuchen, den Menschen möglichst viel Gutes zu tun.“ Und dazu gehört neben der Schmerzlinderung nun mal auch die positive Stimulation der Sinne. Durch Musik etwa. Durch Klänge. Oder durch Malen, Tonen, Gespräche – „wir versuchen immer, auch die Angehörigen mitzunehmen, damit sie den Patienten ebenfalls Gutes tun“, sagt der Arzt, der die Palliativzusatzausbildung bewusst gemacht hat. „Weil mich der ganzheitliche Ansatz interessiert hat.“ Und so ist es tatsächlich auch auf der Palliativstation: „Die Uhren ticken dort anders“, sagt nicht nur Andrea Schmidt – dem stimmen auch die Ärztinnen zu, die dort arbeiten. Und wie anders ticken die Uhren? „Wir haben mehr Zeit für die Patienten, können auf sie eingehen, ihre Bedürfnisse ausloten.“

Empathie ist laut Thomas Trauschke ein wesentlicher Faktor (und auch Voraussetzung für die Arbeit) auf der Palliativstation. Sich auf die Patienten wie auch die Angehörigen und ihre Bedürfnisse einzulassen, entsprechend zu reagieren – das sei quasi oberstes Gebot auf der Station. Was natürlich auch mit sich bringe: Die 16 Beschäftigten auf der Palliativstation werden aufgrund der besonderen Situation, in der sich die Patienten befinden, auch psychisch enorm gefordert. „Vor Corona gab es regelmäßig Supervision“, betont der Arzt. Momentan sei das nicht möglich. Aber: Die Atmosphäre in der Station sei schon eine sehr besondere, sagt Trauschke. In dem Team, das dort arbeitet, müssten sich alle Beschäftigten gegenseitig aufeinander verlassen können. Der Zusammenhalt sei deshalb auch besonders groß – und wenn ein Pfleger, eine Schwester mit einem Patienten mal nicht könne, aus welchem Grund auch immer, dann ist laut Trauschke jemand da, der übernimmt, einspringt. Und das, obwohl Fachpersonal für die Palliativstation nach den Worten von Andrea Schmidt kaum zu finden ist.

Natürlich nehme man als Beschäftigte auf der Station die Arbeit gedanklich und mental auch mit nach Hause. Natürlich könne man angesichts der oftmaligen Schwere der Tätigkeit nicht immer sofort „professionell“ abschalten, wenn man die Tür der Klinik hinter sich zumache. Aber: „Wir können ja nichts für die Situation, für die Krankheit der Patienten – aber wir versuchen immer, die Menschen bestmöglich auf ihrem Weg zu begleiten“, betont Dr. Thomas Trauschke. „Manchmal ist es auch ein Privileg, Patienten bis zum Tod zu begleiten.“ Er ist sich sicher, dass er mit der Palliativstation seinen persönlichen, besten beruflichen Weg gewählt hat. Auch – oder vielleicht gerade – weil die Arbeit dort so existenziell ist.

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