Urlaubsgedanken

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Schön. Das Wort fällt mir hier unweigerlich immer wieder ein. Oder – wie bereits erwähnt: unglaublich. Also incroyable. Weil wir ja hier in Frankreich sind. Mein Blick schweift von unserer Super-Logen-Terrasse hinunter an den Strand, sucht den Horizont hinter dem Meer ab, bleibt an Dutzenden Segelbooten hängen.

Unglaublich, denke ich einmal mehr. Dass man sich auf so ein Boot begeben muss. An einem Sonntag. Wo es doch auf so einer Terrasse einfach herrlich ist. Und vor allem viel weniger schwankt. Andere Sachen kann ich mir aber auch nicht wirklich vorstellen. Historische Traktoren oder Lkw sammeln, zum Beispiel. Das hat vorher jemand im Radio erzählt. Oder dass sich sonntagsmorgens unzählige Menschen als erste Tat gleich auf ein Rennrad schwingen und dann Dutzende Kilometer durch die Gegend rasen. Wie wir hier gesehen haben, sind das meist männliche Wesen, vermutlich auch fast alles französische, die hier am Haus vorbeiradeln. Viele schauen ziemlich verbissen drein. Als müssten sie ihr Rad, die Straße, die anderen Verkehrsteilnehmer – also eigentlich einfach alles bekämpfen. Und beißen, beißen, beißen. Ja. So ähnlich sehe ich vielleicht auf dem Klo aus, wenn ich unter Verstopfung leide.

Verrückt oder? Aber es gibt ja auch Menschen, die halten sich Vogelspinnen. Oder giftige Schlangen. Warum, frage ich mich. Und Bine. Die meint nur: „Pffff.“ Vielleicht haben sie Spaß daran, also die Tierhalter, wenn sie anderen von ihren Mitbewohnern erzählen und sie dann beobachten können, wie sich das Gesicht ihres Gegenübers verwandelt. Weg von freundlichem Interesse, hin zu Abscheu und Schreck. Hm. Vielleicht sollten sich diese Tierhalter eher einen Psychologen suchen anstatt einer Giftschlange. Aber: „Jedem Tierchen sein Plaisierchen“, hat meine Mutter immer gesagt. Ob das wirklich so wörtlich gemeint war? Egal. Wir sind ja hier im Urlaub. Muss man sich da mit solchen Gedanken beschäftigen? Nein. Muss man nicht. Aber wo einen die Gedanken so hintragen.

Zur Politik etwa. Immerhin steht heute in zwei Wochen die Bundestagswahl an. Und jetzt hat auch Scholz seinen Dämpfer bekommen, hieß es gestern in den Nachrichten. Eigentlich wollten wir im Urlaub ja jegliche Nachrichten meiden. Aber so ganz ohne … Vielleicht würde ja Armin Laschet ganz plötzlich von einem Sympathie-Virus getroffen. Könnte doch sein. Oder nicht? Ja, okay, irgendwie ist das schwer vorstellbar. Aber: Ich stell mir vor, wir kommen am Wahlsonntag heim und würden bei der ersten Prognose ab 18 Uhr feststellen, dass die CDU der absoluten Mehrheit mit 48 Prozent entgegenstrebt. Das könnte doch, das wäre … also da fehlen mir die Worte. Weit abgeschlagen, aber an zweiter Stelle käme die AfD auf 19 Prozent. Das ging doch nicht. Da müssten wir doch den Notarzt rufen, also für uns, wenn wir so völlig unvorbereitet … Womöglich folgte die Linke mit 8, die Grünen mit 6 und die SPD mit 4 Prozent auf den Plätzen. Ach ja, genau das war’s ja, was wir gelesen haben: Scholz habe Cum-Ex eingeholt. Oder Cum-Ex ihn. Söder wärmt das Thema wieder auf. Ausgerechnet jetzt. Naja. Eigentlich kein Wunder. Bis vor wenigen Wochen hatten ja auch alle noch gedacht, dass keinerlei Chancen als Kanzlerkandidat hätte. Den hat doch keiner ernst genommen, oder? Da hätte ja nichts aufgewärmt werden müssen.

Und jetzt ist er everybody’s darling. Oder war’s zumindest. Wie das jetzt weitergeht? Gestern lag die SPD bei 26 Prozent, die Grünen bei nur noch 16, die CDU bei 21 Prozent. Vielleicht kommen ja auch CDU/CSU nach dem erneuten „Triell“ heute Abend ganz schnell mit der Ankündigung hervor, dass sie jetzt Laschet rausschmeißen und dann doch Söder … Das wäre ein Ding … Wenn man wüsste, wie die Wähler das … Jetzt am Montagmorgen ist zumindest noch nichts bekannt, dass Laschets Stuhl bedrohlicher wackelt, als zuvor schon … So oder so. Vielleicht wäre das ja dann doch noch die Chance für Bärbock. Oder die Grünen kündigen am Freitag vor der Wahl an, dass nun doch Habeck … Spannend ist das  … Wer weiß, was jetzt in den letzten 14 Tagen noch alles kommt.

Lassen wir das mit dem, was ich dem einen oder der anderen so gönnen würde. Obwohl. In manchen Fällen könnte ich mir schon so einiges vorstellen. Für Kinderschänder etwa, nicht lange fackeln, … Dings ab. Zack und weg. Natürlich medizinisch versorgt. Nicht, dass die noch verbluten … Obwohl … Wie kam ich jetzt von Söder und Laschet zu … Gute Frage. Nächste bitte. Wie das Wetter hier in Trévignon ist? Super. 22 Grad. Sonnig. Mit Wolken. Ein ab und zu etwas kühler Wind. Aber super. Nicht so heiß wie am Montag vergangener Woche. Da war ja richtig schwitzen angesagt. Und wer will schon schwitzen. Also vor allem nachts. Mit Bettdecke zu heiß, ohne … Wenn man dann nicht schlafen kann, könnte man an was Schönes denken. An Sex zum Beispiel. Obwohl, viel zu heiß. Dann eben an was Kaltes. So ein eiskalter Sprudel. Oder auch Milch. Oder ein Saft. Aber die Getränke gibt’s hier in Frankreich alle nur in Plastik. Bis auf Alkohol. Wein und Bier und Schnaps – alles in Glas. Warum eigentlich? Saft gibt’s hingegen nur sehr selten in Glas. Und für ein Pfandsystem konnten sich die Franzosen offensichtlich noch nie erwärmen. Dafür Plastik en masse. Unglaublich. Wir wollten Spinat machen zum Mittagessen. Ich habe im Kühlregal einen Riesenbeutel gesehen, natürlich Plastik. Aber: Es gab auch, wie bei uns, Spinat im Karton. Als ich die Pappbox im Häuschen öffnen wollte, fielen mir drei kleine Plastikschälchen aus der Verpackung entgegen. Natürlich noch mit einer Plastikfolie verschlossen. Ich war baff. „Spinnen die denn“, sagte ich zu Bine. Plastik all over. Vielleicht klappt das Recycling hier ja besser als bei uns. Kann ich mir zwar nicht vorstellen, aber …

Also auch kein Thema für schlaflose Nächte. Vielleicht sollte ich nachts einfach daran denken, was ich tagsüber stets vor Augen habe: Strand, Meer. Bestens gelaunte Menschen, die im Wasser plantschen. Fernab von den armen Politikern, die egal, welcher Couleur, momentan durch deutsche Lande reisen, die versuchen, die Deutschen von sich und ihrer Partei zu überzeugen. … Am nächsten Morgen wache ich auf … und mir fällt wieder ein, welche Gedanken mir letztendlich zum Schlaf verholfen haben. Offensichtlich kann Politik wohl doch was sehr Beruhigendes haben. Chhhhhrrrrr.

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