Mit Mut, Energie und Unterstützung

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Integrationsmanagerin Mariela Tota berichtet über die erfolgreiche Zusammenarbeit mit dem Freundeskreis Asyl in Pliezhausen am Beispiel von vier bestens integrierten, einstmals Geflüchteten

Pliezhausen. Teimour Amjadi ist heute 31 Jahre alt. Im Iran hatte er das Abitur gemacht und danach begonnen Vermessungstechnik zu studieren. Aus politischen Gründen musste er dann fliehen. In Deutschland angekommen, hat er Asyl beantragt, „seit 2018 ist er in Pliezhausen“, berichtet Mariela Tota als Integrationsmanagerin beim Reutlinger Landratsamt. Sie ist für Pliezhausen zuständig und kann so manche Erfolgsgeschichte über Geflüchtete erzählen, die in die hiesige Region kamen und sich voller Tatendrang, Mut und Engagement daran machten, hier Arbeit, Anerkennung und eine neue Heimat zu finden.

Teimour Amjadi und seine Freundin Someiyeh Nessari gehören beide dazu. Sein Asylantrag wurde dieses Jahr anerkannt, er hat Sprachkurse und einen Orientierungskurs an der Reutlinger Hochschule besucht, „er wollte dort studieren, das hat jedoch nicht funktioniert“, sagt Tota. Sein iranisches Abitur wurde hier nur als Mittlere Reife gewertet, somit fehlte ihm die Hochschulzulassung. Aber: Der 31-Jährige ließ sich nicht entmutigen. Durch die Hilfe von Norbert Hofmann vom Freundeskreises Asyl in Pliezhausen fand Amjadi eine Ausbildungsstelle in einem Büro für Vermessungstechnik. Seit September 2020 ist er dort, geht in Stuttgart zur Berufsschule. „Und er hat den Führerschein gemacht, weil es nicht gerade einfach ist, mit dem öffentlichen Nahverkehr täglich nach Tübingen zu kommen“, so Tota. „Jetzt sucht Teimour eine Wohnung, in der er zusammen mit seiner Freundin leben kann.“

Und Someiyeh Nessari? Die kam ebenfalls aus dem Iran nach Deutschland, „sie haben sich in der Erstaufnahmestelle kennengelernt“, sagt Mariela Tota. „Sie ist eine wirklich erfolgreiche Frau, besonders wenn man beachtet, dass sie aus einem Land mit islamischer Regierung und mittelalterlicher Kultur stammt“, blickt Amjadi voller Stolz auf seine Freundin. Was sie als Frau erreicht habe, sei viel mehr wert als sein eigener Weg, meint Teimour Amjadi. „Sie hat schnell Deutsch gelernt, ein paar Minijobs gehabt und nun einen Ausbildungsplatz in einer Praxis bei einem iranischen Arzt gefunden“, berichtet die Integrationsmanagerin. „Sie wollen erst mal keine Kinder kriegen, solange sie noch ihre Ausbildung machen.“

Über Wael Alsade haben wir in unserer Zeitung schon genauso berichtet wie über Nihat Suliman. Vor rund einem Jahr war das. Alsade ist heute 27 Jahre alt, er arbeitet immer noch in Mittelstadt bei der Firma Vangerow, repariert dort alte Radios, Fernseher, Thermomix und andere elektrische Geräte. Aber er hat reduziert, „ich arbeite dort nur noch 50 Prozent“, führt er aus. Die anderen 50 Prozent (und mehr) ist er bei seinem Onkel Hassan Aldeeri angestellt. Als gelernter Buchhalter führt Wael Alsade seinem Onkel nicht nur die Bücher, sondern hilft ihm bei allem, was so anfällt. „Meinem Onkel geht es jetzt auch besser“, sagt der 28-Jährige.

Aldeeri hatte mit Depressionen zu kämpfen, weil seine Familie in Syrien feststeckte. „Seine Frau und sein Sohn sind jetzt auch hier, Hassan geht es mittlerweile sehr gut“, berichtet Alsade. Und sein Deutsch hat sich soweit verbessert, dass er mit den Kunden der Polsterei selbst Gespräche führen kann. Noch erfreulicher: Alsade und Aldeeri haben eine größere Lokalität als Laden und Werkstatt in Pliezhausen gefunden. Und zudem haben sie zwei Personen auf 450-Euro-Basis eingestellt, einen Afghanen und einen Deutschen. Erfreulich sei laut Wael Alsade auch, dass sein jüngerer Bruder Mohamad, der vor einem Jahr noch auf der griechischen Insel Leros in einem geschlossenen Lager feststeckte, es nun bis nach Österreich geschafft hat. „Er ist in Sicherheit“, sagt Alsade und freut sich nach zwei Jahren Flucht seines Bruders. Aber: Mohamad musste nun in Österreich einen Asylantrag stellen – und kann nicht nach Deutschland kommen.

Auf eine Erfolgsgeschichte kann auch Nihat Suliman verweisen. Als wir im vergangenen Jahr über ihn berichteten, hatte er soeben einen Laden in Kirchentellinsfurt gemietet. Suliman kam ebenfalls aus Syrien und ist vor dem Krieg geflüchtet. Er hatte in Aleppo einen Textilbetrieb mit bis zu 40 Angestellten, wie er uns im Gespräch berichtete. In K’furt hat er seit vergangenem September seine eigene kleine Schneiderei, „der Laden läuft sehr gut“, sagt Mariela Tota. Der 44jährige Nihat Suliman arbeitet jetzt immer noch vormittags in einer Matratzenfabrik, nachmittags und samstags dann immer in seiner Schneiderei. In Pliezhausen hat er für seine Frau und die fünf Kinder ein Haus gefunden. Welch wunderbare Erfolgsgeschichten, auf die Mariela Tota und der Freundeskreis Asyl in Pliezhausen blicken kann – wohl wissend, dass nicht alle Geflüchteten so viel Energie, Mut, Durchhaltevermögen, Wissen und Können mitbringen. Und Glück gehört natürlich auch immer etwas dazu.

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