Wirklich ein Unding, aber am Sonntag waren wir in Undingen. Wir freuten uns des Lebens, über prächtiges Wetter, eine tolle Landschaft und schöne Wolken. Wir waren wirklich bester Dinge, bis … bis wir auf diesen vermaledeiten Weg gerieten. Bine strahlte noch mit der Sonne um die Wette, als sie sich dann mit großen Schritten von mir entfernte. Ihr werdet es nicht glauben, aber mit jedem Meter wurde sie kleiner und kleiner, bis sie nicht mehr viel größer als ein Löwenzahn am Wegesrand war. Ich erschrak zutiefst, rannte ihr hinterher und bemerkte, dass auch ich mich plötzlich auf Augenhöhe mit einer Pusteblume befand. Doch das hörte gar nicht auf, ich schrumpfte noch weiter. Und sah sogar die Hahnenfüße von unten. Während des Schrumpfungsprozesses musste ich erkennen, dass ich nun vielleicht eine kleine Zwischenmahlzeit für dieses Vieh sein könnte. Zumal mich das Untier nun auch noch grimmig fixierte. Ich rannte um mein Leben, unter riesigen Pflanzen hindurch, Ich versuchte mich auf dem Acker dieses steinreichen Bauern hinter den Gesteinsbrocken zu verstecken. Schließlich ging mir die Puste aus, ich rettete mich zu dieser Luftrettungsstation. „Komm hierher“, rief Bine jedoch in diesem Moment. „Hier sind wir richtig.“ Dort oben auf dem Hügel namens „Weinstein“ stand ein Sender, der uns vielleicht helfen konnte. Wir hechelten den Berg hinauf, oben zeigte Bine auf den Masten. Die Zeichnungen sollten wohl eine Bedienungsanleitung sein, wir verstanden sie nicht wirklich. „Du musst die beiden Hebel betätigen, das bringt uns wieder auf Normalgröße“, rief Bine. Ich probierte es zunächst bei dem einen Hebel, der klemmte, doch dann stemmte ich mit aller Kraft dagegen und Bine begann tatsächlich zu wachsen. Ich hingegen blickte immer noch von unten zu den Hahnenfüßen auf. Ich legte also auch den anderen Hebel um, doch nichts geschah. „Du musst dich jetzt rückwärts von dem Sendemasten entfernen, dann klappt’s auch bei dir“, schrie Bine mir zu. „Das meinst du nicht im Ernst“, entgegnete ich. „Doch“, sagte Bine. „Schau, du bist schon gewachsen.“ Ich zweifelte weiter, sah dann an mir herab und rief: „Der hat meinen Bauch noch weiter aufgeblasen, der blöde Sender.“ Ich fühlte mich wie erschlagen, nein, eher wie erdolcht. Hatte ich es nicht gleich zu Beginn gesagt? Es gibt Undinge, in diesem Undingen. Bine winkte dem Ort ein letztes Mal zu. Auch, wenn der Kirchturm noch so schön ist – meinen Bauch hätte ich beim Schrumpfungsprozess gerne in Undingen zurückgelassen. War nichts. Sehr schade. Die unfreiwillige Schrumpfung bei Undingen 0 By Norbert Leister on 31. Mai 2021 Bildergeschichten Share. Twitter Facebook Pinterest LinkedIn Tumblr Email