Am Donnerstag machten wir eine kleine Radtour. Und eine seltsame Erfahrung. Überall, wo wir fuhren, ploppten Blüten an den Bäumen auf. Wie aus dem Nichts heraus. Wahnsinn. Eine wahre Blütenpracht säumte urplötzlich unseren Weg. Doch es klappte nicht überall. Hier strebten plötzlich Palettenstapel aus dem Boden gen Himmel. Dann wieder Blüten. Plopp, plopp, plopp. Rosa. Weiß. Alles blütenübersät. Seltsam. Wie konnte das passieren? Spontan hatten wir beschlossen, Auskunft einzuholen. Bei einer Baumschule. Bei Pfullingen. Die mussten es wissen. Wir fragten die Büsche und die jungen Bäume. „Sagt uns, wie das funktioniert mit den Blüten“, sagten wir. „Ihr lernt das doch hier in der Baumschule.“ Manche hatten ihre Auskunft schon ausgedruckt an sich selbst befestigt. Sie waren die ewige Fragerei einfach leid. Bine versuchte dennoch in Kontakt mit den Jungbäumen zu kommen, sie rief bei der Baum-Hotline an. Und tatsächlich hatte sie sofort ein paar Bäume in der Leitung: Manche reagierten jedoch sehr abwehrend. „Kommt mir bloß nicht zu nah“, sagten sie. Andere wiederum zeigten sich von ihrer lieblichsten Seite, erröteten sogar bei der direkten Ansprache. Weitere strebten elegant in die Höhe, sagten: „Wir müssen größer werden als die anderen, sonst kommen wir zu keiner Aufmerksamkeit.“ Die Magnolie hier zeigte sich unbeeindruckt: „Ich zeige allen mit meiner Blüte, dass ich die Schönste bin.“ Der hier probierte es eher über den Namen. „Kennt ihr eine andere Pflanze, die Pfaffenhütchen heißt“, fragte das Pfaffenhütchen mit erhobener Nase. „Wichtig ist, dass ihr immer eine Fluchtmöglichkeit in der Nähe habt“, sagte ein Busch in der Nähe, er leidet an Dendrophobie – der Angst vor Bäumen. „Was für ein Quatsch“, erwiderten die Obstbäume. „Wichtig sind allein die Früchte, die wir tragen werden.“ Erschöpft von dem Antworten-Wirrwarr setzten wir uns in diesen verwunschenen Pavillon. Doch angriffslustige Gänse in der Nähe begaben sich in Kampfposition. Wir flüchteten. Sie trieben uns vor sich her, bis wir zu einem gespenstisch anmutenden Wald kamen. Alle Bäume trugen weiß. Warum nur? „Schaut doch in den Himmel“, sagte der Chef. „Ein Unwetter wird kommen – das wäscht uns wieder rein.“ Wir schauten verdutzt, winkten dann aber ab. „Pah, die paar dunklen Wolken“, sagten wir. Noch einmal ploppten massenhaft Blüten am Wegesrand auf und warben um unsere Aufmerksamkeit, doch dann überraschte uns Chantalle das Schaf. „Was fragt ihr nach Sinn und Zweck der blühenden Bäume – ich sag euch eins: Der einzige Sinn im Leben ist Gras. Und der Nachwuchs.“ „Määääh“, bestätigte das braune Schaf der Familie. „Und wenn ihr euch nicht beeilt, werdet ihr eine feuchte Überraschung erleben“, mampfte Chantalle vor sich hin. Wir machten uns auf den Weg. Düstere Wolken hinter uns und noch düsterere Wolken vor uns. Wenige Sekunden später schüttete es in Strömen. Patschnass kamen wir zuhause an. Die Bäume und Chantalle hatten recht behalten. Von Bäumen lernen 0 By Norbert Leister on 2. April 2021 Bildergeschichten Share. Twitter Facebook Pinterest LinkedIn Tumblr Email