Eigentlich wollten wir am vergangenen Sonntag beim Bergpreis mitmachen – was allerdings schwierig war im Neckartal bei Oferdingen. Doch angesichts der lieblich anmutenden Landschaft ging plötzlich eine seltsame Wandlung in Bine vor sich – „Über diese Brücke musst du geh’n“, sang sie plötzlich mit der Stimme von Peter Maffay und deutete hinter sich. „Dieses dunkle Jahr noch übersteh’n“, sang sie weiter und lockte mich nach der Brücke durch ein seltsames Tor in eine noch seltsamere Landschaft. Oh ja, dieses verrückte Jahr möglichst unbeschadet übersteh’n, das wäre schön, dachte ich, als wir in diese Wildnis eindrangen. „Schau“, sagte Bine. „Wir sind im Reich von John Deere und seinen Rentieren.“ Als wir ein Rascheln am Ufer des Neckars hörten, erblickten wir allerdings kein Rentier, sondern einen riesigen Biber. Bine versuchte ihn mit rotleuchtenden Beeren zu locken, doch der Biber blockte böse blickend Bines Beerenangebot. Dann nicht, sagten wir, gingen weiter und sahen plötzlich einen furchteinflößenden Fisch, den jemand an eine Wand geklatscht haben musste. Dahinter erschien dann ein eingezäuntes Gelände mit seltsam geformten Türmen. „Das sind unsere Fischbehälter – so was ähnliches wie riesige Goldfischgläser“, sagte jemand hinter uns. „Und mit diesen Stangen könnt ihr euch am Fischestechen beteiligen.“ Wir lehnten dankend ab, wandten uns wieder in Richtung Neckar und sahen dort die Bäume Kopf stehen. Uns wurde ganz schwummrig, als wir dann auch noch zwei Stahlgiganten erblickten, die sich beim nachmittäglichen Fingerhakeln vergnügten, ergriffen wir die Flucht. wir rannten den nächsten Hügel hinauf und erreichten schließlich eine Straße. Endlich wieder Zivilisation, dachte ich. Wir liefen in Richtung Sonnenuntergang, als Bine sich urplötzlich umdrehte und mir den Blick auf den weiteren Weg versperrte. „Was ist los“, fragte ich. „Pst“, sagte Bine. „Da hinten springt ein Rentier über die Straße, das hat seinen Schlitten bei einem Unfall mit einem Amazon-Laster verloren und sucht jetzt, auf den letzten Metern vor Weihnachten, verzweifelt nach Ersatz.“ Leider konnten wir nicht helfen. So gingen wir weiter dem Sonnenuntergang entgegen. Und wunderten uns einmal mehr, was für unglaubliche Sachen wir doch immer wieder erleben. „Das glaubt uns kein Mensch“, sagte ich zu Bine. Rentiere am Neckar 0 By Norbert Leister on 21. Dezember 2020 Bildergeschichten Share. Twitter Facebook Pinterest LinkedIn Tumblr Email