In Zeiten von Corona könnte es nicht schaden, sich auf die Suche nach zusätzlichen Geldquellen zu machen. Wir dachten: Andere graben nach Öl, aber warum graben, wenn man aus Raps doch auch Öl machen kann. Also fingen wir zu suchen an. Allerdings wussten wir nicht, wo wir starten sollten. Also begannen wir unsere Suche in Grafenberg – nur welche Richtung? Der Himmel war keine wahre Hilfe. Wir fanden auch Hinweisschilder. Sollten wir jetzt schon himmelwärts fahren? Wir fragten die Reiher auf dem Acker, der aufrechte deutete eindeutig nach rechts. Und tatsächlich sahen wir dann in einiger Entfernung ein gelbes Feld leuchten. Je näher wir kamen, umso mehr bekamen wir Gewissheit. Zunächst mussten wir aber noch einen Sonnenblumen-Friedhof passieren. Und ein bunter Drachen war in einem Baum gelandet – ein schlechtes Zeichen? Doch dann stand Bine plötzlich vor dem knallgelben Feld und winkte mich heran. Und da stand er tatsächlich: Hoch und prächtig reckte sich der Raps in die Höhe. Ich legte mal wieder ein schnelles Freudentänzchen auf den Acker, dankte meiner tollen Frau für die brillante Idee, fing dann allerdings an, nachzudenken. „Was ist nun zu tun“, fragte ich Bine. Zum Rathaus in Großbettlingen gehen und den Besitzer des Feldes ausfindig machen? Doch die Fahnen standen auf Halbmast, Trauerzeit, kein guter Zeitpunkt. Außerdem schien die Welt in Großbettlingen am Sonntag eh Kopf zu stehen. Also dachte ich weiter nach. „Wir müssen das Öl auch irgendwie abtransportieren können“, sagte ich. „Kein Problem“, sagte Bine. „Ich habe schon die Leitungen bestellt, schau.“ „Superleitungen, Rohre aus Vollgummi, absolut ölpassabel.“ Doch dann kamen zwei Schatten auf Stelzen auf uns zu. Sie schienen uns zu verfolgen. Plötzlich sagte der eine Schatten: „Ihr seid so Grasdackel, des war koi Raps, des war Semf. Raps blüht im Frühjahr und Semf im Sommer und Herbst.“ Statt auf Öl zu setzen sollten wir doch mal auf den goldenen Herbst achten. Die Goldpreise stünden gut. „Schaut doch in die Baumkronen, die da so golden leuchten, Die Blätter sind überzogen mit purem Gold“, sagte der Schatten. Ich war skeptisch, Bine schwankte zwischen Freude und Unglauben, doch dann sagte sie: „Vertrau mir.“ „Wir haben die Kirchen aus Großbettlingen auf unserer Seite. Die werden uns das Gold abkaufen.“ Ich blieb skeptisch. "Die haben doch auch kein Geld", sagte ich. Doch mir kam noch eine andere Idee, als wir dem Sonnenuntergang entgegengingen: Die Sonne würde sich doch auch noch golden färben. „Wir zapfen das Gold raus“, sagte ich zu Bine. „Das ist einfacher, als auf Bäume zu steigen und die goldenen Blätter zu pflücken.“ Nun schaute Bine skeptisch. Sehr skeptisch. „Du spinnst“, sagte sie und küsste mich. Wir gingen nach Hause und vertagten die fantastische Geldbeschaffung. Vielleicht ja bei einem neuen Abenteuer. Goldgelb 0 By Norbert Leister on 16. November 2020 Bildergeschichten Share. Twitter Facebook Pinterest LinkedIn Tumblr Email