„Spontaneität ist wichtig“

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Reutlinger Streetpiano ist bis Ende Oktober wieder in der Wilhelmstraße zu finden

Klavierklänge in der Reutlinger Wilhelmstraße? Genau. Die gab es nämlich am Samstag, fast direkt vor dem Eingang des Modehauses Zinser. „Ich brauche keine Millionen“ intonierte Lore Stoll zu Beginn. „Ich schon“, sagte Reutlingens Oberbürgermeister Thomas Keck und lachte lauthals heraus. Jaja, die Stadt könnte Millionen Euro gut gebrauchen. Doch am Samstag ging es um alles andere – nur nicht ums Geld. „Das Reutlinger Streetpiano ist zurück“, rief Ulrike Langhammer gegen 10 Uhr, bevor die 85jährige Lore Stoll aus Eningen das erste Lied anspielte.

„Ach, ist das herrlich“, sagte Langhammer und machte ein paar Tanzschritte in der Wilhelmstraße. Ein Pavillon war aufgebaut worden, unter dem das Klavier stand. Kaum erklang der erste Ton, blieben auch sogleich einige Passanten stehen und lauschten den Klängen. Im vergangenen Frühjahr ist das Streetpiano auf den dritten Platz des sogenannten „Käpsele-Projekts“ gewählt worden. „Eigentlich war das nur einmalig für die Reutlinger Kulturnacht gedacht“, so Langhammer. Doch das Piano auf Rädern kam extrem gut an. Oder wie Ulrike Langhammer es ausdrückte: „Das rollende Klavier im Wollmantel wurde zu einer gern gesehenen und weithin hörbaren Attraktion im Reutlinger Stadtbild.“

Weil das Straßenpiano im vergangenen Jahr „so fulminant gut angekommen ist, waren wir überzeugt, dass wir es fortführen müssen“, sagte Ulrike Langhammer. Und es hat sich sogar ein Verein gegründet mit dem Namen „RT Streetpiano“. Der jetzige Standort vor dem Modehaus wurde mit den Marktplatzbetreibern abgesprochen und für das Klavier reserviert. Angedacht war das Open-Air-Klavierspiel in der Wilhelmstraße schon länger. „Doch es gab ja jetzt einen längeren Stillstand“, so Langhammer. „Ich glaube, dass es so was in keiner anderen deutschen Stadt gibt“, betonte Reutlingens Oberbürgermeister in seinem Willkommensgruß. „Reutlinger Bürgerinnen und Bürger jeden Alters und jeglicher Nationalität erfreuen sich an den Klängen des Pianos in der Wilhelmstraße“, so Keck. Das Streetpiano sei ein hervorragendes Beispiel für Kulturarbeit von unten – „und das beweist, dass Menschen niederschwellig was bewegen können, ich freue mich sehr, dass es weitergeht“, betonte der OB.

Weitergehen soll es laut Ulrike Langhammer nicht nur in der Wilhelmstraße bis Ende Oktober „an trockenen Samstag jeweils ab etwa 11 Uhr“. Geplant sei zudem, dass ab Oktober auf dem Wendler-Areal hinter dem Kino Kamino zwischen 18 und 20 Uhr „Soirées“ angeboten werden sollen. Das spreche natürlich keine Laufkundschaft an, „aber es wird sich wohl herumsprechen“, zeigte sich Langhammer am Samstag überzeugt.

Spielen kann übrigens auf dem besonderen, umstrickten Klavier jede und jeder. Man könne sich anmelden, müsse das aber nicht tun. Lust und Laune reichen aus – Klavierspielen sollte man natürlich können. Welche Musikstile gewünscht sind? „Völlig egal, Schlager, Jazz, Klassisch, Musical – alles, was man auf einem Klavier spielen kann“, betonte Ulrike Langhammer. „Das Wichtigste ist die Spontaneität.“ Genau das bewies nach Lore Stoll Johannes Fischer: Als er sich ans Klavier setzte, spielte er beschwingten Boogie-Woogie. „Er ist auch Gründungsmitglied des ‚Streetpiano‘-Vereins“, verriet Langhammer.

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