Steigende Anspannung

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Meine letzten Nächte waren unruhig, sehr unruhig. Liegt das schon an der Anspannung, an der Vorfreude auf den Urlaub? Keine Ahnung. Fast hätte ich vor Aufregung vergessen, die fünf Meerschweinchen der drei Nachbarinnen zu versorgen.

Fünf Schweinchen, drei Nachbarinnen. Die sind im Urlaub. Also die Frauen. Ohne Meerschweine. Und wir dürfen nach den Tieren gucken. Und sie füttern. Fünf Schweine in einem Zimmer, das ist – auch wenn es sich so anhören mag – keine Massentierhaltung. Die putzigen Schweinchen haben massig Platz zum Rennen, Toben, Verstecken. Aber sie landen ja auch nicht als Schnitzel auf dem Teller. Wenn doch, wären das ziemlich winzige Schnitzel. Oder? Aber … warum, frage ich mich, warum heißen die Meerschweinchen eigentlich Meerschweinchen???  Wiki-dings, nein, nicht chicken-wings, wiki-dings, verdammt, wie heißt das denn wieder …. also Wiki-, nein, auch nicht der Wikingerjunge, der aus der Kindersendung. Kennt ihr, oder? Da gibt’s ein Lied dazu: „Hey, hey, Wiki, hey, Wiki, hey,“. Weiter weiß ich nicht. Kennt ihr nicht? Na, okay, war auch nicht besonders gut gesungen. Wiki, das war wohl in den 70ern, also 19hundert, nicht 1870. Kennt heute wohl keine Sau mehr. Apropos Sau, also Meersau. Da war ich doch stehengeblieben, oder? Jetzt weiß ich’s wieder, Wikipedia heißt das Dings, das mir gesagt hat, warum die Meerschweinchen so heißen. Spanische Meerfahrer sollen die mitgebracht haben. Und weil die so quieken wie Schweine. Meerschwein. Interessant, was? Nicht? Egal.

Ich war bei der Anspannung. Wegen dem Urlaub. Oder heißt das wegen des Urlaubs? Egal. Angespannt. Ja, bin ich irgendwie. Je näher der Urlaub, der Abfahrtstag rückt. Jetzt sind es nur noch zwei Tage oder eigentlich nur noch morgen. Und dann – Heidewitzka geht’s los. Wahnsinn. Heute habe ich meinen Koffer gepackt. Also das, was mir gerade so einfiel. Paar Klamotten. Unterhosen? Ja, auch so eine bis … ja, vielleicht auch drei. Wir sind ja drei Wochen weg. Müsste doch reichen, oder? „Es gibt doch eine Waschmaschine“, hat meine bessere Hälfte gesagt. Ja. Eigentlich freue ich mich ja total auf diesen Urlaub. Wenn wir bloß schon in der Bretagne, am Meer wären. Die Fahrt bereitet mir ein klein wenig, wie soll ich sagen, negative vibrations – negative Gefühle. Kennt ihr auch, oder? So im Kopf. Und im Bauch. Vor allem im Bauch. So ein Ziehen. Oder Drücken. Je nachdem. Ob ich heute schon auf dem Klo war oder nicht. Aber ehrlich wahr – so ganz locker bin ich nicht. Wir machen ja Zwischenstation kurz vor Paris. Unser Stopp muss wohl in der Nähe vom Disneyland sein. Mickey Mouse und so. Hab ich als Kind auch immer angeguckt, die Comics. Regelrecht verschlungen hab ich die. „Les doch mal was Richtiges“, hat meine Mama dann oft gesagt. „Immer nur krach, bumm, bäng, ächz, stöhn.“ Aber ich habe sie geliebt, meine Mama. Und die Comics. Etwas später dann Asterix. Und Lucky Luke. Aber auch richtige Bücher aus dem Schrank meiner Eltern habe ich gelesen. Simmel und so. Karl May. Also nicht Karl Marx. Nee, das war mir zu hoch. Also zu hoch im Wandschrank. Der andere May war’s auch nicht, also der Sänger. Wie hieß der noch? Reinhold? Gotthilf? Nee. Das war doch der Fischer, oder? Reinhard May, jetzt hab ich’s. Kennt ihr auch nicht mehr? Echt? Über den Wolken. Oh, Mann. Da merkse, datte alt wirs, hätte man im Pott jetzt gesacht. Also im Kohlenpott, wo ich ursprünglich herkomm. Aber ich war woanders. Bochum? Dortmund? Witten? Da komm ich her. Witten/Ruhr. Also nicht die Krankheit, Ruhr. Obwohl. Nee, bei Paris war ich doch, Zwischenstation. Ja, Bine hat im Internet nachgeguckt, wo das Hotel sein soll. Also das Hotel, das wir für eine Nacht gebucht haben. Direkt am Kreisverkehr liegt das. Also nicht mittendrin, aber doch direkt dran. Seltsam war das, als wir genauer hingesehen haben. Und wir nichts gesehen haben. Also kein Hotel. Nicht mal eine Baustelle. Nur Kreisverkehr. Auf Google Earth. Über Booking.com haben wir gebucht. Eigentlich eine feine Sache. So einfach. Aber vielleicht machen die das ja immer so. Die geben eine Adresse an nem Kreisverkehr an. Und dann ist da gar kein Hotel. Dann fährt man da hin und sieht – nichts. Da kann man so oft im Kreisverkehr rumfahren, wie man will. So wie beim Eberhofer. Also in den Allgäu-Krimis. Die fahren doch auch immer im Kreisverkehr rum. Dabei wollen die in gar keinem Hotel übernachten. Wir schon. Wir sind gespannt. „Das Hotel müsste ja eigentlich ganz neu sein“, sagt meine Frau. Also wenn das Bild von Google-Earth nicht von heute oder gestern ist. Wenn doch, dann sehe ich schwarz. Oder vielleicht sehen wir am Freitag dann auch Mickey Mouse und Goofy am Kreisverkehr. Die winken dann und sagen: Bonne vacance. Oder bonne chance. Oder sonst irgend so einen Käse. Bonne fromage. Irgendwas, was wir dann mit Sicherheit nicht hören wollen. Ich bin so aufgeregt. Und hab die letzte Nacht fast nicht geschlafen. Hab aber von Mickey und Goofy geträumt.

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