Also mal angenommen, so rein theoretisch … was wäre denn, wenn Blätter denken könnten? Was würde sich durch ihre Gedankengänge winden? Angesichts von einem stetigen Einheitsgrau auf den deutschen Straßen – und auch in vielen deutschen Gemütern? Ich weiß es, denn: Ich habe mit ihnen gesprochen. Die Blätter denken: Wir setzen dem Grau jetzt mit aller Macht was entgegen. Nämlich: ganz viel Farbe. Das Ergebnis seht ihr in den folgenden Bildern.
In den Weinbergen etwa. Hier schreien die Blätter dem Grau mit aller Macht entgegen: „Dir zeig ich’s, du langweiliges, tristes, trauriges Grau!“
Das tun sie auch an manchen Hauswänden. Sie wehren sich gegen das Grau. Gegen Einheitsgrau.
„Was soll das denn jetzt heißen“, mäht da dieses Schaf. Wenn das denken könnte, hätte es wohl ein anderes Wollkleid. Lila. Wie die Kühe. Oder so.
Den denkenden Blättern ist das egal, sie hauen an Farbe raus, was sie können.
Die einen probieren es mit goldenem Flair.
Sie lassen sich von der Sonne unterstützen und leuchten, was das Zeug hält.
Und selbst ohne Sonne wollen sie sich gegenseitig übertrumpfen. Als ob sie an einem Wettbewerb teilnähmen. Dem IAA, International Autumn Award.
Jedes einzelne Blatt nimmt teil, Alle vereint offenbar der Gedanke: „Dir zeig ich’s, du einfallslos dummes Grau.“
Andere Blätter bereiten sich schon auf Weihnachten vor.
Oder lassen sich als Model vor fließenden Gewässern ablichten.
Manche Gesellen interessiert das kein bisschen. „Grün reicht mir völlig aus“, mampft der hier.
Doch manche Blätter verlassen sogar ihr gewohntes Umfeld und versuchen, graues Gehölz aufzupeppen.
Ein regelrechter Pflanzenwettbewerb ist offensichtlich ausgebrochen. „Wir brauchen mehr Farbe im Leben“, rufen die Ringelblumen den Menschen zu.
Doch die Angesprochenen sind ignorant. Die vergraben ihre Farben im Boden. Und schütten Grau drüber.
Dabei ist jetzt gerade die Zeit der Farben auf ihrem Höhepunkt.
Selbst Gräser zeigen sich in prächtigem Rot.
Kein Wunder: Es stehen uns stachelige Zeiten bevor. Oder, Herr Merz? Auch wenn dies hier kein Stadtbild ist.
Soll das, also das Stadtbild, so sauber geharkt aussehen wie hier?
Oder wie hier? Oder hat der Kanzler Angst vor den schwarzen Gestalten?
Dann doch lieber viel Grün. Mit Gelb durchsetzt. Weißer Senf. Extrascharf.
Andernorts wehren sich auch die letzten Früchte gegen das drohende Grau.
Die tun das auch. Sind aber schon stark auf dem Weg zum Braun.
Anders dieser Baum, der ja regelrecht farbig zu brennen scheint.
Und hier noch ein paar konkurrierende IAA-Teilnehmer.
Und die denkenden Blätter sind auch aus der Nähe eine Pracht.
„Und was ist mit mir“, fragte die Sau, die unglaublich adipöse. „Bin ich keine Pracht?“ Doch. Aber ziemlich grau.
Nicht so die Bäume.
Oder die spätblühenden Blumen.
Toll ist auch das Wolkenspiel jetzt im Herbst.
„Ich bin begeistert“, ruft Bine.
Doch es geht noch doller. „Komm, Regenbogen, geh zum Wasserturm“, versucht Bine zu locken.
Und tatsächlich. Bine und ihre magischen Kräfte.
Unglaublich oder? Wie sich der Wasserturm aus dem Rosenkohl hervorstreckt? Toll.
Da staunt sogar der Drache.
Der Blick in Richtung Albtrauf offenbart zudem einen beigegoldenen Teppich.
Traumhaft, nur genießen, so der Gehörnte.
Doch es folgt die Erkenntnis, dass nichts von Dauer ist. Bei Sturm machen sich die Blätter
auf den Weg, manche stürzen sich in die Fluten der Echaz, tauchen unter, schwimmen weiter. Bis zur Nordsee.
Vielleicht schafft es das ein oder andere Blatt bis zur Bretagne.
Oder nach Amrum. Das wäre schön. Sehr schön. Nehmt unsere Grüße mit. Und unsere Träume. Macht’s gut.
Oder ihr macht mit Pfarrer Brändle eine Meditation. Eine Nudelsuppen-Meditation. Hat zwar nichts mit Farbe zu tun. Entspannt aber ungemein. Und lenkt vom Grau ab.