Neunte Ausgabe von „Music 4 Humanity“ des Hilfsvereins „3 Musketiere“ am Samstag im Reutlinger Stadtpark mit großer Vielfalt an musikalischem Angebot
„Die Veranstaltung hier ist wie ein großes Klassentreffen“, sagte Moderator Markus Vatter am Samstag während des Musikfestivals „Music 4 Humanity“ im Reutlinger Stadtgarten. Das jagte von einem Höhepunkt zum nächsten und tatsächlich waren auf der Wiese vor der riesigen Bühne immer wieder Menschen zu sehen, die sich umarmten und freudig begrüßten. „Das ist wie ein großes Sommerfest“, war mehrfach zu hören.
Ein Fest bei sommerlich angenehmen Temperaturen mit einer riesigen Vielfalt an musikalischen Aufführungen. Kinderprogramm mit den „Dance Kids“ des TSV Eningen war dabei, der Online-Kinderlied-Star „Piano Papa“ animierte Kinder zum Singen.
Begeistert haben zudem die „Ladies in red“, Chervona Kalyna – ein Chor ukrainischer Frauen aus Münsingen, die mit viel Schwung und tänzerischem Können auf der Bühne mitreißende Lieder ihrer Heimat präsentierten.
(Foto: Natürlich wurde auch für kulinarische Köstlichkeiten gesorgt – und zwar von einigen migrantischen Vereinen aus Reutlingen.)
Generell galt am Samstag: Ein Highlight unter der großen Anzahl an Höhepunkten herauszugreifen, fiel schwer, angesichts des riesigen Angebots am Samstagnachmittag und -abend im Reutlinger Stadtpark. Dabei habe die Württembergische Philharmonie (WPR) „eine Atmosphäre wie auf der Berliner Waldbühne“ verbreitet, wie eine Besucherin anmerkte.
Klassische Musik im in einem Stadtpark vor jeder Menge auf dem Boden sitzenden und liegenden Zuhörerinnen und Zuhörern, dazu Kinder, die sich vor der Bühne zu den Klängen der Musik bewegten – wo erlebt man so was sonst noch? Zumal die Musiker der Philharmonie dann auch noch Roman Dotsenko, einen sagenhaften ukrainischen Akkordeonspieler, ins Orchester integrierten. Oder auch Nagomi, eine in Reutlingen geborene Sängerin und Musikproduzentin, die zusammen mit der WPR ausdrückte, von dem alle Besucher des Musikfestivals träumten: „Je souhaite la paix“, „Ich wünsche mir Frieden“.
Diesen Traum hat die gesamte Arbeit der „Drei Musketiere“, den Veranstaltern des Reutlinger Musikfestivals von Anfang an begleitet, wie Markus Brandstetter als einer der Musketiere am Samstag ausführte. 2015 habe er sich mit seiner Frau und einer Freundin gefragt, wie sie angesichts der großen Vielzahl an syrischen Flüchtlingen, die ihr Heimatland verließen, helfen könnten. Davon berichtete Brandstetter auf der Bühne während einer Umbaupause.
(Foto: Zusammen mit der Philharmonie sang Nagomi drei Lieder, darunter „Je souhaite la paix“.)
Moderator Vatter fragte nach, in welchen Ländern sich die Musketiere denn bereits engagiert hatten, um Geflüchteten zu helfen. „Serbien, Bosnien, Frankreich, Griechenland, heute unterstützen wir Projekte in der Türkei, in Syrien, Madagaskar und im Sudan, der Hölle auf Erden“, sagte Markus Brandstetter. Und natürlich in der Ukraine. „Ich habe heute erst wieder Bilder aus einer Stadt gekriegt, die zehn Kilometer von der russischen Grenze entfernt ist.“ Die Menschen in der Stadt hätten die Musketiere schon unterstützt, in der vergangenen Nacht sei der Ort bombardiert worden, mindestens zehn Menschen wurden ermordet, darunter zwei Kinder.
(Foto: Ebenfalls zusammen mit Philharmonie „röhrte“ Markus Vatter sein Lied „Einer für alle“, das er seinem Schulfreund Markus Brandstetter und den Drei Musketieren für ihr Engagement geschenkt hatte.)
Mit dieser Nachricht war das Grauen im Reutlinger Stadtpark eingezogen. Und damit wurde auch deutlich, was der Hintergrund des Musikfestivals war – die Hilfe der „Drei Musketiere“ zu unterstützen, mit möglichst vielen Spenden. „Es sind düstere Zeiten, in denen wir leben“, führte Brandstetter später nochmals aus. „Die Ukraine wird ausgeblutet und die Weltgemeinschaft scheint das Interesse zu verlieren.“ Dazu dürfe nicht geschwiegen werden – genauso wenig wie zu „der Tatsache, dass autokratische Tendenzen und der Faschismus immer weiter voranschreiten“.
Gleichzeitig „explodieren die Rüstungsausgaben“ und die Hilfsbudgets für die ärmsten Menschen auf der ganzen Welt würden zusammengestrichen. Im Gazastreifen herrsche ein völkerrechtswidriger Krieg, geschätzte 50.000 Kinder seien dort bereits getötet worden. „Wo ist unsere Empörung, wo ist unsere Menschlichkeit“, fragte Markus Brandstetter. Aber er versprach auch: „Die Musketiere werden weitermachen.“ Allerdings sei dafür finanzielle Unterstützung notwendig.
Musikalisch folgte auf diesen Paukenschlag „Suabian Kick“, die Band von Markus Vatter, der mit seiner unvergleichlichen Röhre das Publikum begeisterte. Den Abschluss des Programms gestalteten, die „Lights of Orion“ – mit eigenen Interpretationen von Hits der 1980er Jahre. „Wir drehen dabei alles durch den Fleischwolf“, hatte Sängerin Claudia Ruff versprochen. Zum zweiten Mal an diesem Abend wurde ganz am Ende des Festivals das Lied von Vatter, „das ich den Musketieren geschenkt habe“, gespielt: „Einer für alle“ mit den Liedzeilen „Die Welt ist aus den Fugen“ und „unser Schwert ist Menschlichkeit“. Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.