„When I’m 64“ – nicht ganz so ernste Überlegungen zum persönlichen Alter

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Mal was Grundsätzliches: Ist mit schlappen 64 Jahren das Leben eigentlich so gut wie vorbei? Also für mich? So rein persönlich? Geht meine Sonne womöglich schon unter?

Was ist denn mit dem alten Mann und dem Meer (also hier eher dem Bodensee)? Wenn ich mir solche Fragen stelle, befinde ich mich gerade in so was ähnlichem wie einer Midlife-Crisis? Hä? Krise in der Mitte meines Lebens? Eher nicht, denn: Eines weiß ich sicher: Ich will und werde keine 128 Jahre alt. Dennoch könnte ich mich ja mal fragen, was ich noch vom Leben eigentlich noch erwarte.

Oder: Sollte man sich mit 64 nicht langsam mit dem nahenden Tod beschäftigen? Ein Freund hatte mir vor kurzem erst den Tipp gegeben, dass es in Lindau einen Sargladen gebe (www.sargladen.com). Mitten in der Fußgängerzone. Dort kann man sich schon vorbereiten – allerdings mit einem Riesenvorteil: Man kann dort sogar einen Sarg kaufen, der zusätzlich als dekorativer Schrank nutzbar wäre. Also vor dem Ableben. Wie praktisch. Im Todesfall dann den Schrank einfach ausräumen, umlegen, reinlegen, fertig. Auch eine Urne ist möglich, die vor der finalen Nutzung als Champagner-Behälter dienen könnte. Toll, oder? Wenn man Champagner mag.

Seltsamerweise fällt mir gerade ein Beatles-Lied ein. Warum, weiß ich nicht. „Will you still need me, will you still feed me, when I’m 64.“ Paul McCartney schrieb den Song schon im Jahr 1956, als er selbst gerade mal 14 war – und das Alter von 64 damals meilen- oder sogar galaxienweit von ihm entfernt. Ich hingegen bin jetzt mittendrin. In dieser Galaxie, die ich mir einstmals niemals hätte vorstellen können.

Aber wie ist es denn jetzt? Ich mache eine Situationsanalyse. Ganz ehrlich: Ich merke natürlich, dass ich nicht mehr so leistungsfähig bin wie mit, sagen wir einfach mal … 59 (Scherz). Steht somit aber die Frage im Raum, ob ich jetzt so langsam meine Beerdigung vorbereiten soll? Wenn schon nicht den Sarg aussuchen, dann doch wenigstens niederschreiben, was für Lieder bei meiner Beerdigung gespielt werden sollen? „Highway to hell“ von AC/DC? Oder „Gute Nacht, Freunde“ von Reinhard Mey, fallen mir so ganz spontan ein.

Oder soll ich mir doch noch eine Harley kaufen? Auf der Route 66 entlang brettern? Dort womöglich JD Vance, Elon Musk und Donald Trump begegnen und … Nein, lieber nicht. Wie solche Gestalten so viel Macht in einem freien, demokratischen Land wie den Vereinigten Staaten von Amerika erringen konnten, das ist mir schleierhaft. Das müsste mir mal irgendjemand erklären.

Allerdings nimmt das Gefühl, so vieles nicht zu verstehen, mit dem Alter doch deutlich zu. Also zumindest bei mir. Wahrscheinlich war das früher auch schon so – als, nur als Beispiel, die ersten Autos auftauchten. Oder die Eisenbahn. Heute ist es halt … der Thermomix, den ich nicht verstehe. Und mich frage, ob man so ein Ding unbedingt braucht.

Was ich auch nicht verstehe: Warum scheinbar die ganze Menschheit so blöd ist. Dass gefühlt nun fast alle glauben, durch Abschottung könnten wir ein friedlicheres, besseres Land werden. Dass die Bedrohung also nur von außen kommt, nur von außen kommen kann. Weil die Bösen ja immer nur die Fremden sind. Aber was ist dann mit all den Nazis, die hier in diesem schönen Land leben? Die auf Gewalt, Umsturz und einen anderen Staat aus sind. Das verstehe ich nicht.

Doch zurück zum Thema: Was tun, mit 64? Resignieren? Oder doch ganz unverfänglich mit dem Malen anfangen? Obwohl – wie ich gerade erst gelesen habe, begann die amerikanische Künstlerin und Farmerin „Grandma Moses“ erst mit 75 mit dem Malen, hatte mit 80 ihre erste Einzelausstellung. Und wurde weltberühmt. Da habe ich doch noch Zeit, oder? Andere Möglichkeit: Jetzt mit dem Training anfangen für meine erste Mount Everest-Besteigung? Oder meinen ersten Triathlon. Während ich das schreibe, sitze ich auf dem Sofa und denke mir: Nö.

Braucht es denn überhaupt noch große Ziele, mit 64? Reicht es nicht, auf das zurückzublicken, was war? Dass ich mir doch einiges erspart habe, weil ich nicht dachte, ich müsste jetzt noch Kanzler werden. Das ist doch gut, oder etwa nicht? Oder dass ich einstmals keine fantastische Idee hatte, Milliarden Euro oder Dollar verdient und jetzt so unglaublich viele Sorgen hätte, was ich mit all der Kohle anfangen sollte. Was ist mir da alles erspart geblieben? Pah. Nicht auszudenken.

Aber: Vielleicht sollte ich ja doch noch in die Politik einsteigen? Um wenigstens ein klein wenig in dieser Welt (oder zumindest in diesem Ländle) zum Positiven zu verändern. Allerdings sehe ich den Aufwand, den Politikerinnen und Politiker betreiben, um für sich zu werben, um die Menschen zu überzeugen, dass ausgerechnet sie gewählt werden müssen – ja, da ist der Gedanke bei mir doch extrem nahe, dass ich schon 64 Jahre alt bin. Und nicht mehr ganz so leistungsfähig. Vielleicht eine große Ausrede.

Vielleicht aber brauche ich auch gar kein großes, neues Ziel mehr. Vielleicht reicht mir ja der Gedanke: Bleib gesund. Freu dich über das, was du hast. Vergiss den Spaß im Leben nicht. Mach weiter deine Termine, solange du kannst. Unterstütz die Menschen und Initiativen, die du unterstützen kannst. Sei froh über die positive Resonanz von Lesern. Und froh über Freunde, über liebe Menschen, die du kennst.

Und nicht zuletzt: Sei froh über deine Frau. Dass du mit ihr zusammenleben darfst. Denn: Die Frage der Beatles „Will you still need me, will you still feed me, when I’m 64“, kann ich mit einem eindeutigen „Ja“ beantworten. Meine Frau liebt mich immer noch, sie braucht mich und versorgt mich. Auch heute noch. UND DAS IST SCHÖN.

 

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