(Foto oben: Schneewittchen und ihre Zwerge spielten, tanzten und sangen am Wochenende auf der Bühne im Gönninger Gemeindehaus zusammen mit Rotkäppchen, Cinderella, einem Drachen und dem Biest beim Stück „Durchgeknallt im Märchenwald“.)
Theaterwerkstatt führte im Gönninger Gemeindehaus mit 23 Kindern, viel Aufwand und neuer Mikrofonanlage „Durchgeknallt im Märchenwald“ auf
Seltsam, wenn sich Rotkäppchen und Rapunzel im Wald begegnen? Noch viel kurioser wurde es am vergangenen Samstag und Sonntag im Evangelischen Gemeindehaus in Gönningen – da sangen Schneewittchen und die Zwerge gemeinsam mit der Schönen und dem Biest, mit Cinderella, Hänsel und Gretel und vielen weiteren Märchenfiguren auf der Bühne. Allesamt wurden die Figuren gespielt von Kindern aus der Gönninger Theaterwerkstatt.
Das unglaubliche Märchen begann natürlich mit „Es war einmal“, wie sonst sollte ein Märchen auch anfangen? „Es war einmal ein kleines Dorf“ – in dem lebten sehr schräge Figuren. Die bekannte Frau Holle etwa, die sich aber beklagte, dass sie kein Personal zum Betten raushängen finde. Dazu ein vegetarischer Drache mit dem Namen Ulf, der sich beklagte, dass alle Angst vor ihm hätten. „Das macht mich so traurig“, heulte er. Außerdem sei es „rassistisch“, wenn alle ihn als Bösewicht ansähen. Eine böse Stiefmutter beschwerte sich hingegen, dass „die vergifteten Äpfel auch nicht mehr das sind, was sie mal waren“. Der Froschkönig sagte zu Rapunzel: „Ich war früher mal ein schöner Prinz.“ Allerdings einer, der Politologie studiert hatte. „Es ist doch völlig egal, wie du aussiehst“, sagte Rapunzel zu dem Frosch.
Schwer zu glauben, was dort auf der Bühne zueinanderfand. Aber auch zum Brüllen, wenn man zumindest ansatzweise die ursprünglichen Märchen noch kannte. Verwundern durfte es bei „Durchgeknallt im Märchenwald“ nicht, wenn ein Prinz zu seinem Kumpel sagt: „Hey bro, meine Alte will mich schon wieder verkuppeln.“ Die Antwort: „Ach egal, komm wir gehen Drachen töten.“ Dann behauptet aber der Froschkönig, dass man den Menschen nichts glauben soll, besonders vor Wahlen nicht. Der Politologe im Frosch musste es ja wissen.
(Foto:Selbst sprechende Teekannen, Tassen und Uhren traten am Wochenende beim Stück „Durchgeknallt im Märchenwald auf.)
Ganz anders als bei den Brüdern Grimm war die Hexe, auf die Hänsel und Gretel trafen, eine gute. „Ich will an meinem schlechten Ruf arbeiten“, sagte sie. Und ihre Enkelin sei im Übrigen Rotkäppchen. So hing bei dem Stück von Nena Keller alles mit allem zusammen, so fanden die Handlungsstränge zueinander und es stellte sich letztendlich heraus, dass alles irgendwie gut wurde. Alle haben was gelernt. Zumindest, dass sie so angenommen werden, wie sie sind. Selbst der Frosch. Und der Drache. Ach, wie schön. Naja. Märchen halt.
Dass alles gut ausging, dafür hatte Nena Keller gesorgt, die nicht nur das durchgeknallte Märchen geschrieben hatte, sondern auch die Musik. Sie hatte die theaterpädagogische Leitung bei den Proben mit 23 Kindern inne und führte Regie. Bei den sehr aufwändigen Kostümen hatte sie Hilfe erhalten, auch bei den Kulissen. Seit Oktober probten die Kinder, bis zum großen Event der Aufführungen am vergangenen Samstag und Sonntag.
Eigentlich war geplant, dass eine Woche später aufgeführt werden sollte. Doch dann kam Nachricht, dass am 25. Mai das Fusionsfest zum Zusammengehen der Kirchengemeinden Gönningen, Bronnweiler und Ohmenhausen genau an diesem Tag sein sollte. Keller verlegte also mit ihrer Theatertruppe den Aufführungstermin um eine Woche vor. Und stieß dann mit den Wolpertingern zusammen – die feierten nämlich am vergangenen Samstag ihr 40jähriges Bestehen. Dumm gelaufen? Oder „Völlig durchgeknallt“, wie das Stück doch hieß?
Egal. Die Aufführungen im Gemeindehaus waren voll. Und die manchmal nicht sehr lauten Stimmen der Kinder konnten dennoch sehr gut verstanden werden. „Dafür hat eine neue Mikrofonanlage gesorgt, die wir über die Förderung des Reutlinger Spendenparlaments erhalten haben“, erläuterte Nena Keller.
Unterstützt wurde die Theaterwerkstatt, weil dort Kindern und Jugendlichen durch das Medium der Schauspielerei „niederschwellig und kostengünstig eine neue Perspektive des Umgangs miteinander geboten wird“, so Keller. Zudem sollen „Toleranz, Fairness, Hilfsbereitschaft, Respekt und Vielfalt gefördert werden, um damit einen wichtigen Beitrag zur Persönlichkeitsentwicklung der Teilnehmer zu leisten.“ So formulierte es die Theaterwerkstatt-Leiterin. Und das war ja alles andere als „durchgeknallt“.