Benachteiligte Menschen im Visier – Soziale Beschäftigungsträger trafen sich in Tübinger Wäscherei

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Katja Herlyn war am Mittwoch als neue Leiterin des Jobcenters Tübingen zu Gast beim Verbund Sozialer Beschäftigungsträger (VSB) in der Wäscherei des Vereins für Sozialpsychiatrie (VSP)

Rund 280 Beschäftigte hat der Verein für Sozialpsychiatrie (VSP) in den Landkreisen Esslingen, Reutlingen und Tübingen, wie Sina Lustig am vergangenen Mittwoch berichtete. Tagesstruktur, Wohnen, Arbeit, Freizeit, selbst in der Jugendhilfe und der Pflege ist der VSP tätig, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kümmern sich um psychisch erkrankte Menschen, wie die VSP-Leiterin für den Kreis Tübingen betonte. Ein Schwerpunkt der Vereins-Tätigkeit ist nach den Worten von Bereichsleiterin Kerstin Weiß die Tagesstruktur.

Als Beispiel dafür könne sehr wohl die Tübinger VSP-Wäscherei stehen, in der sich am Mittwoch Vertreterinnen und Vertreter von anderen sozialen Beschäftigungsträgern (VSB) trafen. Der VSP hat laut Weiß aber noch weitere Beschäftigungsmöglichkeiten für psychisch Erkrankte, für Langzeitarbeitslose in sogenannten Arbeitsgelegenheiten (AGH) und auch für Menschen mit Behinderungen: Neben der Wäscherei – wo laut Weiß gewaschen, gebügelt, gemangelt, getrocknet wird – bietet der VSP Beschäftigungsmöglichkeiten in einer Gärtnerei, in einer Montagewerkstatt und in einem Textilbereich. Hinzu kommen besonders betreute Wohnformen mit 30 Plätzen.

Die Treffen des Verbunds der Sozialen Beschäftigungsträger (der 1996 gegründet wurde) werden reihum alle sechs Wochen durchgeführt. Warum? „Wenn wir gemeinsam auftreten, hat das ein anderes Gewicht, als wenn kleinere Träger einzeln versuchen, sich Gehör zu verschaffen“, sagte Wolfgang Grulke als Vertreter von Ridaf in Reutlingen.

Zu Gast in dieser Runde des VSB (wo etwa ProLabore, Bruderhaus-Diakonie, VSP, Giba in Rottenburg, Ridaf und Da Capo in Reutlingen, vertreten sind) war am Mittwoch Katja Herlyn. Seit Februar ist sie die neue Geschäftsführerin des Jobcenters Tübingen – und damit auch immer wieder direkte Ansprechpartnerin der Sozialen Beschäftigungsträger. Im Moment, kurz nachdem die neue Bundesregierung ihr Amt aufgenommen hat, könne Herlyn noch gar nicht viel sagen, wie es weitergeht. „Da ist noch viel in der Schwebe.“ Gerade im Hinblick auf Geflüchtete, auf Ukrainerinnen und Ukrainer sei unklar, „wer wann zurückgeht“.

Völlig im Diffusen sei zudem, was nach dem Bürgergeld kommt. „Bisher war der Kontakt mit unseren Klienten im Bürgergeldbezug ja auf Augenhöhe, vor allem die Integration von Frauen in den Ersten Arbeitsmarkt ist uns mit 41 Prozent mehr im vergangenen Jahr sehr gut gelungen“, so die Leiterin des Tübinger Jobcenters. Aber – wie es nun mit der neuen Bundesregierung weitergehe, „da kann ich gerade noch gar nichts Konkretes sagen“, betonte Katja Herlyn.

Das betreffe auch die finanzielle Ausstattung der Jobcenter – und von denen seien ja auch einige Soziale Beschäftigungsträger in allen Landkreisen abhängig. Zudem merken auch die Jobcenter vor Ort die Auswirkungen der schlechten wirtschaftlichen Situation sehr deutlich. „Die neue Koalition hat ja versprochen, mehr Jugendliche in Ausbildung zu bringen“, sagte Wolfgang Grulke. Herlyn verwies auf eine ganze Menge an Maßnahmen, die Jobcenter jetzt schon für Jugendliche in petto haben. Aber: Nach einem Bericht des Bundeskabinetts haben annähernd 3 Millionen junge Menschen zwischen 20 und 34 Jahren keine Ausbildung und keinen Studienabschluss – eine höchst alarmierende Zahl.

Befürchtungen haben die Sozialen Beschäftigungsträger aber auch noch in anderer Richtung, nämlich: „Dass wir noch weniger ausreichend für die Betreuung der Arbeitsgelegenheiten vom Jobcenter finanziert werden“, betonte Kerstin Weiß, stellvertretend auch für die anderen Beschäftigungsträger. Sina Lustig führte den Vergleich mit dem Landkreis Esslingen an: „Dort gibt es mehr als 130 AGHs und das Jobcenter versteht sie als sehr effektives Instrument zur Integration in den Ersten Arbeitsmarkt.“

Von den Landkreisen Tübingen und Reutlingen könne das in dem Ausmaß nicht gesagt werden. Alexander Koch von DaCapo brachte es auf einen knappen, aber harten Nenner: „Wenn es Arbeitsgelegenheiten nicht mehr gibt, dann gibt es DaCapo auch nicht mehr.“ Dabei seien diese AGHs für die schwer vermittelbaren Arbeitskräfte eine sehr gute Maßnahme, um sie wieder an Tagesstruktur zu gewöhnen und sie an den Ersten Arbeitsmarkt heranzuführen. „Und sie sind obendrein auch noch sehr billig“, so Koch. Kerstin Weiß stimmte unumwunden zu: „Wenn die Klienten stattdessen in der Eingliederungshilfe landen, dann werden die Maßnahmen viel teurer.“

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