Baggerbiss am Geschäftshaus beim Lidl-Parkplatz an der Wannweiler Straße – Rund 20 Jahre Verhandlungen vorausgegangen
Viele Betzingerinnen und Betzinger hatten wohl nicht mehr so recht daran geglaubt, dass das Geschäftshaus auf der anderen Echazseite der alten Meisterschule irgendwann noch verschwinden könnte. Hier hat sich der Spruch bewährt, ‚Was lange währt, wird endlich gut‘. Zumal das Gebäude der dringend notwendigen Aufweitung der Echaz massiv im Weg stand.
Nun kann der berühmt berüchtigte Flaschenhals an der Betzinger Echaz endlich beseitigt werden. Am gestrigen Montag beobachteten zahlreiche Reutlinger Gemeinderäte und Betzinger Bezirksgemeinderätinnen sowie einige Baubeteiligte aufmerksam den Baggerbiss, der symbolisch für die Beseitigung dieser Engstelle steht – und damit auch für eine bessere, hochwasserfreiere Zukunft von Reutlingens größtem Ortsteil.
Baggerführer Heiko Raps hatte schon etwas vorgearbeitet, souverän biss er sich gestern Mittag mit seiner riesigen Maschine weiter in das entkernte Gebäude hinein. Thomas Keck ließ er dabei lieber nicht an die Schalthebel des Baggers. Die Freude aufseiten des Oberbürgermeisters war dennoch groß: „Der Handlungsdruck war immens groß, heute wird für Betzingen ein weiterer Meilenstein beim Hochwasserschutz angegangen.“
In wenigen Tagen und Wochen wird von dem Haus Wannweiler Straße 11 nichts mehr zu sehen sein, im Dezember 2023 hatte Reinhard Detzel als Eigentümer den Vertrag mit der Stadt unterschrieben. Die bestehende Ufermauer auf der rechten Echazseite muss ebenfalls weichen, im April dieses Jahres wird dort eine neue Bohrpfahlwand entstehen. Die Kosten für den Hausabriss und die neue Betonpfahlwand belaufen sich auf rund 400.000 Euro.
Im Winter 2026 soll laut Keck der Neubau auf dem einstigen Egelhaaf-Areal fertiggestellt sein, so dass die Betzinger Volkshochschule dorthin umziehen kann. Danach könne laut Keck im Frühjahr 2027 mit dem Abbruch des Anbaus Im Wasen 12 und 14 begonnen werden. Auch auf dieser linken Echazseite wird dann eine neue, versetzte Uferwand entstehen, schlussendlich werde die Echaz an dieser Engstelle von bisher 7 Metern Breite auf 15 Meter aufgeweitet, wie der OB am Montag betonte.
Die Fischschonzeiten werden bei den jeweiligen Jahreswechseln eingehalten, Baupausen werde es laut Keck aber trotzdem keine geben. So sei etwa geplant, die Brücke zwischen dem jetzigen VHS-Gebäude und dem Lidl-Parkplatz eine Zeitlang zu entfernen, zu sanieren und dann wieder zu installieren. Eine „möglichst naturnahe Struktur“ soll nach den Worten von Thomas Keck die Echaz künftig erhalten.
Wesentliche Bestandteile dafür waren auch all die anderen Maßnahmen und Schritte, die zum Hochwasserschutz in Betzingen bereits vollzogen wurden: Die neue Hans-Roth-Brücke gehöre ebenso dazu wie die neue Brücke an der Hoffmannstraße – die im Übrigen in diesem Herbst fertiggestellt sein soll. Die Umgestaltung der Echaz im Bereich Goosgarten und unterhalb der ehemaligen Gärtnerei Baisch waren weitere Mosaiksteine zum Umbau für mehr Hochwasserschutz in Betzingen.
Die Folgen des Klimawandels sollen mit all den Maßnahmen abgemildert werden. Ein hundertjähriges Hochwasser dürfte nach Abschluss all der Schritte in Betzingen keinen Schaden mehr anrichten. Doch, wer weiß, sagte Keck, was die Zukunft noch bringen werde.
Bezirksbürgermeister Friedemann Rupp zeigte sich aber überzeugt, „dass wir hiermit einen ganz wichtigen Schritt vorangehen, um Betzingen hochwassersicherer zu machen“. Mit dem Abriss des Gebäudes Wannweiler Straße 11 werde nun endlich ein „Schlusspunkt hinter eine unendliche Geschichte gesetzt“. Insgesamt fast 20 Jahre ist verhandelt worden. Nun endlich verschwindet das Haus.