(Foto oben: Das Theaterpädagogische Zentrum brachte sich am gestrigen Sonntag mit einem Stück über Alltagsrassismus in den Alternativen Neujahrsempfang im franz.K ein.)
Großer Publikumsandrang beim 17. Alternativen Neujahrsempfang im Reutlinger franz.K – Viele ehrenamtlich Engagierte präsentieren sich
Was hätte am gestrigen Sonntag im franz.K beim Alternativen Neujahrsempfang (ANJE) im franz.K besser passen können als ein kurzes Theaterstück des Theaterpädagogischen Zentrums (TPZ) über Alltags-Rassismus? Bei dieser interaktiven Aufführung konnte das Publikum eingreifen, Stellung beziehen, andere Positionen einnehmen – um Eskalationen zu verhindern, um dem Rassismus den Boden zu entziehen.
Angesichts von zunehmenden rechtsextremen Haltungen und Positionen in der Gesellschaft sei es dringend notwendig, sich zu engagieren. Sich zu vernetzen, um sich nicht, wie ANJE-Moderator Peter Elwert betonte, als „Rufer in der Wüste“ zu fühlen. Dementsprechend lautete auch das Motto des diesjährigen ANJE: „Gesellschaftliches Engagement lohnt sich.“ Verunsicherungen seien in der Gesellschaft spürbar, „mir gefällt das Bild des Ameisenhaufens – einzelne Ameisen können fast nichts bewegen, bei der Zusammenarbeit von ganz vielen im Ameisenhaufen kann aber sehr viel erreicht werden“, so Elwert.
Rund 300 Interessierte waren am gestrigen Sonntag beim ANJE im Reutlinger franz.K – so viele wie schon lange nicht mehr. Insgesamt 24 unterschiedlichste Gruppierungen präsentierten sich bei der Veranstaltung maximal eine Minute lang auf der Bühne, darunter von A wie Arbeitskreis Flucht und Asyl oder Arbeiterbildung. Sven Plietzsch von der Arbi bat um Spenden und Unterstützung für das abgefackelte „Urban Gardening“ hinter dem Hallenbad.
Das Frauenforum warb für mehr Gleichberechtigung – die heute immer noch nicht umgesetzt sei, wie Verena Hahn betonte. Das Bündnis für Menschenrechte setzte sich für die Einhaltung der Menschenrechte ein – wie der Name schon vermuten lässt. Weltladen, EPiZ, gÖrls, Omas gegen Rechts, Parents for future oder auch ProRegioStadtbahn und Seebrücke – das Spektrum der ehrenamtlich Engagierten offenbarte sich als extrem breit.
„Oh, so voll habe ich den Alternativen Neujahrsempfang noch nie erlebt“, sagte eine Besucherin, die kaum in den sehr vollen Saal des franz.K hineinfand. Aber: Das Durchschnittsalter der Anwesenden lag auf jeden Fall bei 60plus, graue Haare dominierten, „Ältere sind hier deutlich in der Überzahl“, sagte Elwert.
„Alles hat seine Zeit, auch der Alternative Neujahrsempfang.“ Das sollte nach den Worten des Moderators aber kein Abgesang auf den ANJE sein, „aber wir müssen uns durchaus immer wieder kritisch hinterfragen“. Die jüngeren Generationen würden ihren eigenen Weg finden, um sich zu engagieren. Wenn dieser Weg keinen Alternativen Neujahrsempfang mehr brauche, dann sei das nun mal so.
Allerdings schickte Elwert gleich einen kämpferischen Aufruf hinterher: „Wer legt mit Hand an bei der ideologischen Verstopfung des Denkens?“ Am gestrigen Sonntag seien „viele engagierte Menschen hier, um den ideologischen Unrat in den Köpfen zu entfernen – es geht darum, Verantwortung zu übernehmen“, rief Peter Elwert dem Publikum zu. Viel Beifall erhielt OB Thomas Keck, der ebenfalls unter den Anwesenden war.
Der Moderator schloss seine Ansprache mit einem Zitat von Vaclav Havel: „Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn macht – egal, wie es ausgeht.“ Der Chor Zwischentöne sorgte an diesem Mittag für die musikalisch-kritische Umrahmung, ansonsten standen vor allem viele Gespräche, Diskussionen, der Austausch zwischen all den Engagierten im Vordergrund.
Das Abschlusslied der Zwischentöne lautete passend zu der Veranstaltung und dem vorherrschenden Gefühl bei einer Vielzahl der Anwesenden: „Wenn einer alleine träumt, ist es nur ein Traum. Wenn viele gemeinsam träumen, so ist das der Beginn einer neuen Wirklichkeit. Träumt unseren Traum.“