(Foto oben: Wahrlich erfreut über ein vorgezogenes Weihnachtsgeschenk von 80.000 Euro zeigten sich die Hohengenkingen-Forschungsbeteiligten am Tag vor dem Heiligen Abend direkt an der Ruine in Schnee und Nebel.)
Land gibt 80.000 Euro für die Erforschung von Burgen und Klöstern in der Region an die Universität Tübingen, Erforschung der Ruine Hohengenkingen profitiert
Es war wüst. Kalt. Schneefall, Wind, Nebel. Vom Hohengenkingen war vom Stadion des TSV Undingen aus nichts zu sehen. Gar nichts. Dabei ging es bei dem Termin im Sportheim um genau diese Ruine auf der Anhöhe mitten im Wald zwischen Undingen und Genkingen. „Kaum vorzustellen, dass dort oben irgendwann mal kein Wald war“, sagte Manuel Hailfinger.
Der Sonnenbühler CDU-Landtagsabgeordnete hatte die Medien zu diesem außergewöhnlichen Termin, einen Tag vor Weihnachten, bei wahrlich unwirtlichen Bedingungen, eingeladen. Der Grund? „Auf Antrag meiner Kollegin Cindy Holmberg und mir hat der Landtag vergangene Woche 80.000 Euro für das Projekt ‚Burgen in unserer Heimat‘ genehmigt“, sagte Hailfinger zunächst im Sportheim Undingen. Wegen des unwirtlichen Wetters. „Dabei geht es im Wesentlichen um eine Schnittstelle zwischen Forschung, Bildung, Bau- und Bodendenkmalpflege“, so der CDU-Politiker weiter.
„Das Projekt passt zum Land“, betonte Cindy Holmberg als Grünen-Landtagsabgeordnete. „Ich bin froh, dass das ‚Burgenkompetenzzentrum‘ an der Uni Tübingen verortet wird.“ Genau solch eine Institution sei nach den Worten notwendig, sagte der Historiker und Mittelalter-Archäologe Michael Kienzle von der Universität Tübingen. Das Zentrum müsse aber „interdisziplinär“ aufgestellt sein, betone Sigrid Hirbodian als Direktorin des Instituts für Geschichtliche Landeskunde an der Uni Tübingen.
„Das ist ein schönes Weihnachtsgeschenk, dass wir nun solch ein Zentrum bei uns aufbauen können, so etwas gibt es landes- und bundesweit noch nicht“, so Hirbodian. Durch dieses Zentrum soll die Ruine Hohengenkingen noch weiter und besser erforscht werden – aber nicht nur. „Es gab ja einst noch zwei weitere Burgen in Genkingen“, sagte Marlene Karl am Montag. Die Genkinger Ortsvorsteherin hofft, künftig noch mehr darüber zu erfahren, „das ist eine spannende Geschichte“, so Karl.
Undingens Ortsvorsteher Michael Dieth war „schon immer von Burgen fasziniert“, wie er selbst am Montag als Gründungsmitglied des Vereins „Burg e.V.“ ausführte. Die archäologischen Untersuchungen des Hohengenkingen „sind unglaublich kostspielig“, so Dieth. Gerade deshalb erscheinen die 80.000 Euro für die Uni Tübingen tatsächlich wie ein Weihnachtsgeschenk, auch für den Verein, wie Uwe Morgenstern betonte.
Der Vereinsvorsitzende Wolfgang Bauer war am Montag ebenfalls vor Ort. Der ZEIT-Kriegsreporter und „abgebrochene Historiker“ (wie auf der Burg-Homepage nachzulesen ist) sagte: „Die noch vorhandenen Mauerreste sind akut gefährdet.“ Es gelte, diesen „vergessenen Ort zu retten, um mehr über die Landschaft und die ganze Region hier zu erfahren“. Ähnlich wie in Irland, wo Burgen „Powerhouses“ genannt werden, sei das im Mittelalter auch auf der Schwäbischen Alb gewesen.
„Die Burgen waren Kraftorte, Zentren, die die Region und die gesamte Kultur dort geprägt haben“, so Bauer. Durch das ehrenamtliche Engagement und die Erforschung rund um den Hohengenkingen sei aber noch ein zweites Projekt zusammen mit Uwe Morgenstern entstanden. Auch Sonnenbühls Bürgermeister wies auf weitere Burgen in der gesamten Region, „da gibt es genügend Betätigungsfelder für das Burgenkompetenzzentrum“, so der Schultes.
Morgenstern nannte den 80.000 Euro-Betrag eine „wunderbare Anschubfinanzierung“. Die Zeit dränge, betonte Bauer. Schließlich hatte ein Sturm im Sommer 2023 mehr als 200 Festmeter Holz auf der Anhöhe flachgelegt. Die Ruine selbst sei zum Teil betroffen gewesen, umgefallene Bäume hatten mit ihrem Wurzelwerk aber auch Teile freigelegt, an die Archäologen bislang nicht hinkamen.
(Foto:Reste des Sturms im Sommer 2023 sind in direkter Nähe der Ruine noch heute erkennbar.)
„Es geht dabei nicht nur um Mauerreste, sondern auch um Gürtelschnallen, Hufeisen oder Glasscherben – all das hilft, die Burg zu datieren, als sie bewohnt war“, sagte der Fachmann Kienzle. „Diese Dinge geben einen Einblick in das Leben im Mittelalter.“ Zusammen mit historischen Schriften könnten Zusammenhänge hergestellt werden, Rückschlüsse auf die Burg selbst, auf Verkehrswege und die Burg als Zentrum der mittelalterlichen Kulturlandschaft. In der Ruine selbst war zum größten Teil nichts zu sehen – weil der Schnee mit seiner weißen Pracht fast alles zugedeckt hatte.