Integration und Inklusion inklusive – Die Jugendfarm Kusterdingen ist breit aufgestellt und stark nachgefragt

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Jugendfarm Kusterdingen wird heute nachgefragt wie schon vor fast 20 Jahren in der Gründungsphase

Stefanie Wüstefeld steht am Herd und kocht Kartoffelsuppe. Sie tut das einmal im Jahr auf der Jugendfarm Kusterdingen, immer am Samstag kurz vor Weihnachten. „Das ist so schön, wenn alle wieder zusammenkommen“, sagt sie und erinnert sich an die Anfänge des Vereins.

Heiner Fallscheer hatte das Schwörer-Fertighaus damals besorgt: „Das war 2005 als Kinderhaus für die Erdbebenregion Algerien bestimmt“, betont er. Doch der Versand des Hauses wäre viel zu teuer gewesen – und so kam der neue Verein in Kusterdingen zum Zug. Die Kinder in Algerien erhielten stattdessen Blechhütten.

„Aber erst mal mussten wir hier all die Hütten vom Kleintierzüchterverein wegräumen“, erinnert sich der Bau-Ingenieur und lacht. Er war in den Anfängen schon genauso dabei wie Wüstefeld, Sabine Hillmann und Nicola Otto. Alle engagieren sich heute noch voller Elan, Freude und vollster Überzeugung. „Es hat sich so ergeben, dass viele Fachleute dabei waren, Gärtner und Elektriker“, sagt Otto.

Entstanden ist der Verein der Jugendfarm aus dem Waldkindergarten heraus. Und die Natur spielt immer noch die Hauptrolle: Draußen sein, spielen, toben, an Hütten weiterbauen, mit den Tieren unterwegs sein, sie füttern, den Stall ausmisten, kicken und unter Aufsicht sogar schmieden oder Feuer machen.

Das freie Spielen steht in der Jugendfarm ganz oben auf der Liste. Kinder sollen das tun, auf was sie Lust haben. In aller Freiheit. Programm gebe es laut Otto selten, „beim Begrüßungskreis sagen die Kinder, was sie heute tun wollen“. Aber: „Es gibt auch Kinder, die das freie Spielen erst lernen müssen“, sagt Wüstefeld. „Die Farm ist Gold wert, weil die Kinder hier den ganzen Medienkonsum hinter sich lassen.“

(Foto: Beim Kerzenziehen waren am Samstag vor Weihnachten rund 25 Kinder auf der Jugendfarm Kusterdingen mit Begeisterung dabei.)

Durchschnittlich 25 Kinder kommen an den Öffnungstagen, jeweils samstags zwischen März und Ende Dezember. „In den Sommerferien gibt es zudem Ferienbetreuung für Grundschulkinder. Elf Hühner und sechs Schafe wollen das ganze Jahr über von Nicola Otto betreut werden, Jens Peter als zweiter Vorsitzender des Vereins ist zudem „der Honigmann“, der drei Bienenvölker betreut – und zusammen mit den Kindern auch Honig herstellt. Auf der Jugendfarm werde außerschulische Bildung betrieben, so Peter.

„Es gibt Kinder, die haben mit zwölf Jahren noch nie ein Streichholz angezündet“, sagt Nicola Otto. Im Umgang mit den Tieren können die Kinder viel lernen, aber auch ihre motorischen Fähigkeiten werden geweckt oder verbessert. Otto hat einen Minijob, sie ist neben den Tieren zuständig für die Koordination der Farm, für Bürokratie, für Versicherungen und noch viel mehr.

Für die Pädagogik wurde Philipp Laws angestellt. Allerdings nur mit einer 25-Prozentstelle. „Der Bedarf wäre viel größer“, sagt er. Und das sei laut Jens Peter ein Grundproblem: „Es gibt keine Vertretung für Philipp.“ Andere Aktivitätsspielplätze hätten einen deutlich besseren Betreuungsschlüssel.

Aber: Selbst mit den vielen nicht-fachlichen Betreuerinnen und Betreuern – die aber geschult werden – steht die Jugendfarm für Inklusion und Integration. Manche Kinder mit speziellem Unterstützungsbedarf kommen mit einer Inklusionskraft, andere ohne. Immer kommen aber auch Kinder und Jugendliche aus der Flüchtlingsunterkunft in der Nachbarschaft. Oder aus der nahen Anschlussunterbringung.

Der Syrer Mohammed ist einer von den Kids, die als Besucher kamen. Heute ist er als junger Erwachsener selbst Betreuer. So erging es einigen Kindern.  Außer samstags ist die Jugendfarm dreimal pro Woche Anziehungspunkt für Kinder: Die Grundschulen Kusterdingen und Mähringen kommen, zudem Schüler des Blaulach-Gymnasiums. Auch da stellt der Verein Betreuungspersonen.

„Allgemein werden die Betreuer über den Verein finanziert“, sagt Nicola Otto. Und der Verein finanziert sich wiederum über Spenden, über einen Stand auf dem Weihnachtsmarkt und durch die jährliche Schrottsammlung (intern heißt die „Heavy-Metal-Event“). Und wofür das Ganze? „Zu uns kommen viele Kinder, die sonst nirgendwohin können“, sagt Sabine Hillmann.

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