„Kleine Postkarte anstatt Paket“ – Viel Kritik an der Politik beim Kreisbauernverband Tübingen

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Sprengelversammlung 2024 des Kreisbauernverbands Tübingen in Kusterdingen – Themen: Ganz viel Bürokratie

„Wenn Bauern zusammenhalten, können wir auch was erreichen“, betonte Kreisbauernverbandsvorsitzender Jörg Kauth am Donnerstagabend „Im Höfle“ in Kusterdingen bei der diesjährigen Winterversammlung der Landwirte in den Landkreis Tübingen und Zollernalb.

Kauth sprach damit die zahlreichen Demonstrationen, Mahnwachen und -feuer an, die Landwirte in und aus der Region zu Beginn des Jahres bis nach Berlin getragen haben. Was bei den Protesten herauskam? „Große Zustimmung“, so Kauth. 80 Prozent der Bevölkerung hätten die Bauern unterstützt.

Doch zunächst zum Wetter: Das zurückliegende Jahr sei geprägt gewesen von Regen, sagte Kauth. Dennoch seien die Getreideerträge gar nicht so schlecht gewesen, mit einem Minus von 7 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Aber: Bei steigenden Preisen für Dünger und Energie und gleichzeitig sinkenden Getreidepreisen „ist eine kostendeckende Produktion nicht mehr darstellbar“, so Jörg Kauth.

Immerhin erfreulich: Der Milchpreis sei gestiegen, „Butter und Sahne sind teuer wie nie“. Ebenfalls positiv: „Der Rindfleischbereich ist stabil, der Obstertrag war gut“, sagte der Kreisbauernchef. Im Schweinebereich seien die Preise zurückgegangen, „aber einigermaßen erträglich“.

Ansonsten? Kauth vermeldete große Unzufriedenheit mit der Landwirtschaftspolitik der Ampel-Regierung. Viele Erleichterungen seien versprochen worden ebenso wie Bürokratieabbau. Aber: „Das große Entlastungspaket der Ampelregierung ist eine Frechheit“, so Kauth. Aus den Ankündigungen sei maximal „eine kleine Postkarte und kein Paket“ herausgekommen.

Am Mittwochabend ging es in rund 1,5 Stunden vor allem auch bei den Ausführungen von Stefanie Notter als Leiterin des Kreis-Landwirtschaftsamts und Kreisbauernverbands-Geschäftsführerin Lisa Guth um eins: Um Vorschriften, Gesetzesänderungen, Regelungen, Regulierungen. Zum Beispiel zum Erosionsschutz, zur Mindestbodenbedeckung, zu Acker- und Bracheflächen, Tierprämien, Agrardiesel und noch viel mehr.

So auch um Flächen für Fotovoltaikanlagen. „Erneuerbare Energien sind gut und wichtig“, sagte Notter. „Aber nicht auf den besten Böden.“ Außerdem schreite laut Guth die Digitalisierung auch in der Landwirtschaft immer weiter voran: Künftig „läuft ohne Email gar nichts mehr und die elektronischen Rechnungen werden kommen“, so Lisa Guth.

Nun setzen die Bauern im Kreis Tübingen und Zollernalb nach den Worten von Jörg Kauth „auf eine neue Bundesregierung, die nicht mehr ideologisch geprägt sein wird wie die Ampel“. Auch in Brüssel der Kreisbauernvorsitzende hoffe er „auf mehr Sachverstand“. In Frankreich würden die Bauern momentan wieder demonstrieren, es gehe um die zollfreie Einfuhr von Lebensmitteln aus Südamerika nach Europa.

Das „Mercosur-Abkommen“ führe dazu, dass Agrarimporte mit „Standards aus dem vergangenen Jahrhundert“ in die EU drängen, „zum Nachteil von Verbrauchern, Landwirten, Tieren, Umwelt und Klima“, zitierte Kauth den Bundesbauernverbandsvorsitzenden Joachim Rukwied. „Und wir sollen Blümchenwiesen aus Äckern machen, damit in Südamerika großflächig der Regenwald gerodet wird“, so Jörg Kauth.

Einen Lichtblick verkündete der Kreisbauernchef dann aber doch noch: Naturschutz werde langsam zum Geschäftsmodell. Weil in dem Gesellschaftsvertrag zur Einführung von Agrarumweltmaßnahmen nun feste Summen festgeschrieben wurden – immerhin 143 Millionen Euro. Für den ein oder anderen Landwirt sei die Umsetzung solcher Umweltmaßnahmen eine Option, betonte Jörg Kauth. „Das ist ein großer Erfolg unserer Bauernverbände in Baden-Württemberg.“

Aber: Nun wüte auch noch die afrikanische Schweinepest, der Wolf sei eine Gefahr für die Weidetierhaltung im Land und die Biberpopulation nehme beständig zu: Sie bedrohe rund 4200 Hektar Ackerflächen mit Überschwemmungen. In allen Bereichen müssten die Landwirte besser entschädigt werden – und die jeweiligen Populationen von Wildschweinen, Wölfen und Bibern drastisch reduziert werden.

Was zum Schluss blieb? Der Kontakt zu den jüngeren Landwirten sei abgebrochen, Jörg Kauth forderte die Jungbauern auf, aktiv zu werden. Es sei notwendig, „dass ihr aktiv an eurer Zukunft arbeitet“.

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