Bad Uracher Gemeinderat stimmt nach „Herrenberg-Urteil“ für Übernahme von Mehrkosten für die Musikschule in Höhe von 80.000 Euro
Ute Homann war am Dienstagabend im Gemeinderat. Dort erläuterte Bad Urachs Musikschulleiterin den Ratsmitgliedern, warum die Lehreinrichtung nun Mehrkosten von insgesamt 110.000 Euro aufbringen muss – von denen die Stadt 80.000 Euro übernehmen soll. Der Grund für den drastischen Mehrbedarf an Finanzmitteln: Das sogenannte „Herrenberg-Urteil“ des Bundessozialgerichts vom 28. Juni 2022.
Aufgrund dieses Urteils müssen Musikschullehrerinnen und -lehrer nun auch in Bad Urach fest angestellt werden. „Wir hatten bisher nur freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“, so Homann. „Wenn wir nicht selbst in die Umstrukturierung gehen, kann es sein, dass unsere Lehrkräfte klagen.“ Viele Musikschulen in der Region hätten bereits reagiert und ihre Beschäftigte fest angestellt. Die Mehrkosten müssen dann irgendwie finanziert werden, in Bad Urach und Umgebung wurden die Kursgebühren zum 1. Oktober bereits um 10 Prozent erhöht, wie die Musikschulleiterin erläuterte.
Aber: Das reiche natürlich bei weitem nicht aus, einen Teil sollen auch die an der Musikschule beteiligten drei Gemeinden Grabenstetten, Hülben und Römerstein übernehmen. Für Bad Urach bleiben dann die bereits erwähnten Mehrkosten von 80.000 Euro. Dr. Ulrich Heydasch (Grüne) forderte, den erhöhten Zuschuss zunächst auf ein Jahr zu gewähren. Dann solle kontrolliert werden, ob weniger Schülerinnen und Schüler kommen. „Da kommt ja vielleicht Bewegung rein“, so Heydasch.
Dr. Stefan Wolf (CDU) widersprach: „Ein Jahr ergibt für mich keine Logik, schließlich kann man nach einem Jahr nicht sagen, dass die feste Anstellung keine Gültigkeit mehr hat.“ Heydasch dazu: „Wenn aber zum Beispiel beim Fagott deutlich weniger Interessenten da wären, könnte es ja eine Änderungskündigung für die Lehrkraft geben.“
Ute Homann verwies auf die Erfahrung, nachdem die nun anstehende Erhöhung der Kursgebühren bekannt gegeben wurde: „Die Zahl der Kündigungen ist nicht so groß wie erwartet.“ Außerdem könnten die Verträge mit den Lehrkräften „sehr flexibel gestaltet werden“, so Homann. Wenn etwa eine Lehrerin mit 20 Stunden angestellt werde, sie aber mehr Stunden leiste, „dann werden die Mehrstunden bezahlt – es gibt da viele Modelle“. Auch dafür, wenn eine Lehrkraft weniger Stunden leiste als geplant. Beschlossen hat der Gemeinderat am Dienstagabend, die Mehrkosten für die Musikschule von 80.000 Euro ab 2025 zu übernehmen. Allerdings hatten sich sechs Rätinnen und Räte bei der Abstimmung enthalten.
INFO:
Das Herrenberg-Urteil
Dieses Urteil des Bundessozialgerichts vom 28. Juni 2022 besagt, dass auf Honorarbasis arbeitende Musikschullehrerinnen und -lehrer als „abhängig Beschäftigte“ eingestuft werden müssten. Und das bedeute: Die Lehrer und Lehrerinnen, die bislang als Freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an den Musikschulen waren, müssen fest angestellt werden, denn: „Sie sind weisungsgebunden – und deshalb auch nicht frei in ihren Entscheidungen“, erläuterte Ute Homann am Dienstagabend im Bad Uracher Gemeinderat. Das Urteil sei zu einem Präzedenzfall für ganz Deutschland geworden, alle Musikschulen müssten die „frei Beschäftigten“ nun fest anstellen. Dadurch ergeben sich deutlich höhere Kosten für die Musikschulen, die Kommunen sowie für die Nutzerinnen und Nutzer.