Dr. Rolf Frankenberger baut an der Tübinger Universität ein bundesweit einzigartiges Institut für Rechtsextremismus auf
Der NSU-Untersuchungsausschusses in Baden-Württemberg hatte bewirkt, dass an der Universität Tübingen ein Institut für Rechtsextremismus (IRex) entstanden ist. Die Universitäten im Land waren aufgefordert, ein Konzept für dieses Institut abzugeben – offensichtlich war das von Dr. Rolf Frankenberger und einigen anderen Beteiligten das Beste: Die Uni Tübingen erhielt den Zuschlag. Und das sogar auf Dauer finanziert.
(Foto: Siegbert Albrecht / Universität Tübingen)
„Das ist wichtig“, sagt der 1974 geborene Frankenberger, der an der Tübinger Universität Politikwissenschaften, Soziologie und Psychologie studiert hatte. „Viel in der Extremismusforschung läuft über Projektfinanzierung an Hochschulen“, erläutert er. Immer wieder müssten dann Gelder beantragt werden – in Tübingen ist das nun anders, die Finanzierung steht. Dauerhaft.
Die Ausrichtung des Instituts sei „sozialwissenschaftlich mit starkem Gegenwartsbezug“. In Berlin und Potsdam werde auch über Rechtsextremismus geforscht, aber eher mit dem Blick zurück, also geschichtlich. Frankenberger ist nun der „Managing Director“ des Instituts, bisher hatte er sich an der Universität viel mit Diktaturen beschäftigt, mit Extremismusphänomenen, „der Rechtsextremismus lief da immer mit“.
Vier Professuren wird es an dem neuen Institut geben, eine für Medien und Öffentlichkeit, eine mit dem Titel „Politische Akteure und Ideologien“, eine weitere „Politische und Kulturelle Bildung“ und eine vierte zu „Sozialwissenschaftlicher Antisemitismusforschung“. Noch gibt es keine Studierenden an dem Institut, weil alles noch im Aufbau befindlich ist. Aber: Geforscht wird schon. Etwa zu den Wahlergebnissen der Kommunal- und Europawahlen vor wenigen Tagen. „Wir schauen uns Strukturdaten an, versuchen zu ergründen, warum der Anteil rechtsextremer Parteien in manchen Gemeinden, Regionen höher ist als andernorts.“
Das letzte Forschungsprojekt von Frankenberger und seinen Kollegen befasste sich mit dem Thema „Raum“. Gerade im rechtsextremen Bereich werde viel mit Begriffen wie Heimat und Kultur gearbeitet, also mit Ausdrücken, unter denen jeder was anderes verstehe. „Da kann sich jeder was Eigenes basteln, die Rechtsextremen verknüpfen die Begriffe dann oft mit Fremdenfeindlichkeit, mit Sündenböcken und behaupten, ihre Partei wäre die einzige, die Heimat und Kultur verteidigen“, so Frankenberger.
Das Institut werde sich in Zukunft viel mit „Sozialen Medien“ befassen, darüber forschen und aufklären, wie rechte Botschaften erkennbar sind, wie sich der Sprachgebrauch auch verändert. „Was ist sagbar, wie übernehmen auch Medien die Narrative aus der rechten Ecke“, erläutert der Managing Director.
Und was machen die Studierenden dann mit ihrem Abschluss in dem Masterstudiengang? „Im Wintersemester 2026 werden wir Studierende aufnehmen.“ Sie werden das theoretische und praktische Rüstzeug erhalten, um Expertisen im Bereich Rechtsextremismus zu erstellen, um Wissen zu vermitteln. Tätig werden können sie dann in der politischen Erwachsenenbildung, im Journalismus, bei Behörden, im Landesamt für Verfassungsschutz, bei Polizeihochschulen, in der Jugendarbeit, im Streetwork, bei Unternehmen. Ein klar abgegrenztes Berufsbild wie etwa bei Richtern gebe es aber nicht.
Gibt es Anfeindungen, Bedrohungen, körperliche Angriffe gegenüber Extremismus-Forschenden? „Ja, die gibt es – es ist erschreckend, was da passiert.“ Mit dem Thema Prävention müsse sich auch das Tübinger Institut auseinandersetzen, „auch wenn keine konkreten Sicherheitsbedrohungen bestehen“. Frankenberger persönlich sei sich jedoch dieser potenziellen Gefahr bewusst.
Und was ist das Ziel des Instituts sowie des Studiengangs Rechtsextremismus? „Wir wollen mit wissenschaftlichen Mitteln dazu beitragen, dass die Demokratie gestärkt wird“, betont Rolf Frankenberger. „Konkret heißt das, durch Forschung herauszufinden, unter welchen Bedingungen Demokratie resilient gegen ihre Feinde ist und was getan werden muss, um diese Bedingungen umzusetzen.“ Studierende sollen in die Lage versetzt werden, solche Forschung durchzuführen „und deren Ergebnisse auch entsprechend in die Gesellschaft zu tragen, das ist Aufgabe des Studiengangs“.
Wichtig sei das auch angesichts der heutigen Entwicklungen, dass die Empörung über Subventionskürzungen bei Landwirten, über Bauprojekte, Umgehungsstraßen, Flüchtlinge, Windräder bei Bevölkerungsgruppen schnell riesengroß ist – und oftmals ganz schnell von Rechtsextremen gekapert oder unterwandert wird. „Da wird versucht, den Ärger dieser Gruppen zu instrumentalisieren.“ Hass und Wut würden geschürt, die sprachliche Verrohung führe dann auch zu körperlichen Angriffen auf Politiker. Oder sogar zu Mord.